21. November 2013, 14:45 - 16:45 Uhr
Panel des Forschungsfeldes III: Die Umstrittenheit der internationalen Ordnungen
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Das Vokabular der Beschreibung normativer Ordnungen der Politik im globalen bzw. transnationalen Rahmen ist geprägt von Unterscheidungen zwischen Akteursgruppen und Handlungsweisen, die dem Staat selbst dann eine herausragende Stellung einräumen, wenn diesem nicht eine zentrale Prägekraft bei der Transformation weltpolitischer Ordnungen zugewiesen wird. Die Kategorie der „nicht-staatlichen Akteure“ spiegelt diese Betrachtung und die darunter subsumierten Akteure haben von diesem Wandel auch erheblich profitiert. Entsprechend komplexer stellt sich die Analyse und Bewertung globaler Veränderungen dar. Wie das Verhältnis zwischen Staaten und (unterschiedlichsten Ausprägungen von) nicht-staatlichen Akteuren zu beschreiben ist, welche Dynamiken sich aus diesem Wechselspiel ergeben und wie sich dies in der Transformation internationaler Ordnungen manifestiert ist Gegenstand dieses Panels.
Chair: Olivier Jouanjan
Olivier Jouanjan ist Professor für öffentliches Recht an der Universität Strasbourg und Honorarprofessor an der Universität Albert Ludwig de Fribourg-en-Brisgau. Er ist Direktor des Forschungsinstituts Carré de Malberg. Seine Arbeitsschwerpunkte sind nationales und vergleichendes öffentliches Recht, deutsches öffentliches Recht, Rechtstheorie und juristische Methoden sowie Geschichte des juristischen Denkens. Einige seiner wichtigsten Publikationen sind: Le principe d’égalité devant la loi en droit allemand (1992), Figures de l‘État de droit. Le Rechtsstaat dans l‘histoire intellectuelle et constitutionnelle de l‘Allemagne moderne (2001), Une histoire de la pensée juridique en Allemagne (1800-1918) (2005) und (zusammen mit Johannes Masing) Weltanschauliche Neutralität (2013). Darüber hinaus hat er unter anderem die Übersetzung und Einleitung verfasst von Ernst-Wolfgang Böckenförde, Le droit, l‘État et la constitution démocratique. Essais de théorie juridique, politique et constitutionnelle (2000).
Herr Jouanjan war leider verhindert, Klaus Dieter Wolf agierte an seiner Stelle als Chair des Panels.
Vortrag 1:
Die Politisierung internationaler Institutionen – Vorbote einer postnationalen Konfliktlinie?
Michael ZürnInternationale Institutionen werden zunehmend ein Gegenstand der politischen Auseinandersetzung, sie werden politisiert. Diese Politisierung kann als Voraussetzung der Demokratisierung gesehen werden. Sie kann aber auch den Stoff für eine Konfliktlinie bilden, die sich nicht mehr im Nationalstaat manifestiert, sondern über dessen Grenzen hinausreicht und sie zugleich zum Gegenstand hat.
Michael Zürn ...
... ist Direktor der Forschungsabteilung Global Governance am Wissenschaftszentrum für Sozialforschung, Berlin (WZB) und Professor für Internationale Beziehungen an der Freien Universität Berlin. Er war Gründungsrektor der Hertie School of Governance und ist Mitglied der Berlin Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Seine Forschungsschwerpunkte sind: Global Governance, Autorität und Legitimität internationaler Institutionen und die Verrechtlichung in der internationalen Politik. Wichtige Publikationen: Bringing Sociology to International Relations. World Politics as Differentiation Theory, Cambridge, Cambridge University Press, 2013 (Hg. zusammen mit Mathias Albert und Barry Buzan); Die Politisierung der Weltpolitik. Umkämpfte internationale Institutionen, Berlin, Suhrkamp, 2013 (Hg. zusammen mit Matthias Ecker-Ehrhardt); The Dynamics of the Rule of Law in an Era of International and Transnational Governance, Cambridge University Press, 2012 (Hg. zusammen mit Andre Nollkaemper and Randy Peerenboom); On Fragmentation, Differentiation and Coordination. In: Global Environmental Politics, 13:3, 119-130 (zusammen mit Benjamin Faude); Can the Politicization of European integration be Reversed? in: Journal of Common Market Studies, 2012, S1:50, 137-153 (zusammen mit Pieter de Wilde); International authority and its politicization, in: International Theory, 2012, 4:1, 69–106 (zusammen mit Martin Binder, Matthias Ecker-Ehrhardt). Perspektiven des demokratischen Regierens und die Rolle der Politikwissenschaft im 21. Jahrhundert, in: Politische Vierteljahresschrift, 52:4, 2011, 603-635.
Multilateralismus, Minilateralismus und Weltordnungspolitik
Gunther Hellmann
Unter den konkurrierenden Beschreibungen von Weltordnungen ragen seit jeher solche „liberalen“ bzw. „realistischen“ Ursprungs hervor – Beschreibungen, die den Beziehungen zwischen Staaten entweder einen gehaltvollen, genuin sozialen Charakter zuweisen oder sie auf ein Verhältnis analog zu einem Billardspiel reduzieren. Multilateralismus und Mächtegleichgewicht fungieren in diesen rivalisierenden Beschreibungsweisen nicht nur als konzeptuelle Anker theoretischer Selbstvergewisserung, sondern auch als idealtypische Referenzpunkte zeitdiagnostischer Analyse. Gegenwart und Zukunft liberaler Weltordnungspolitik erscheinen in diesem Lichte derzeit recht düster.
Gunther Hellmann ...... ist Professor für Politikwissenschaft an der Goethe Universität und Principal Investigator im Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Theorie der internationalen Beziehungen, insbes. Theorie der Außenpolitik, deutsche und europäische Außenpolitik sowie euro-atlantische Sicherheitsbeziehungen. Seit 2002 ist er einer der Herausgeber der „Zeitschrift für Internationale Beziehungen“ (ZIB), seit 2012 Associate Executive Secretary des „World International Studies Committee“ (WISC). Gastprofessuren und Forschungsaufenthalte führten ihn an das SAIS Bologna Center der Johns Hopkins University („Steven Muller Chair in German Studies“ 2008/09), zum Dartmouth College („Harris Distinguished Visiting Professor“, Sommer 2012) sowie als „Senior Fellow“ im Rahmen des Forschungsprogramms „The Future of the Western Liberal Order“ an die Transatlantic Academy in Washington, D.C. (2012/13).
Prevent, Pacify and Punish. Non-governmental organizations in the international governance of social violence on the African continent
Sara DezalayAnchored in a political sociology of international relations and international law this presentation is based on extensive fieldwork carried out across sectors of expertise and practices contributing, in the North (World Bank; European Commission; Foundations; NGOs; think tanks), to the management of violent conflict in the African South. It suggests a novel approach to retrace the historical genesis and the deployment, across these scholarly and policy sectors since the 1980s of a “common sense” in the internationalized management of violent conflicts in the African South: the necessity to prevent violent conflicts, to pacify them, and to punish perpetrators of violence. Its empirical entry-point is a study of the social and political usages of the law by NGOs based in Europe and the US operating in the sectors of human rights, humanitarianism, development, and conflict resolution and prevention.
Sara Dezalay ...
... is a lawyer and political sociologist and Research fellow at the Cluster of Excellence “The Formation of Normative Orders”, Goethe University, Frankfurt. Her areas of expertise cover international crimes, armed conflicts, and global justice. Her doctoral research, at the European University Institute, underlined transformations and circulations of expertise and practices over the management of violent conflict in African countries across sectors of intervention in the North (development; humanitarian action; rule of law reforms). Her current research focuses on the expansion of the field of global justice and the transformation of political legitimacy at the international and domestic level, by studying both the professional trajectories of lawyers and other professionals operating within the International Criminal Court, and processes of diffusion of international criminal norms and transformation of fields of power within post-conflict settings on the African continent (Burundi, DRC, Uganda). She has published in leading journals in Europe on the role of the law, the expansion of global justice, and the global management of violent conflict, including as co-coordinator of special issues on war crimes of the French journal Actes de la recherche en sciences sociales, with Ron Levi and John Hagan (forthcoming).
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