Intervention: 1968-2018: What is left? Errungenschaften und Bürde eines politischen Aufbruchs

Römerberggespräche

28. April 2018, 10 Uhr

Schauspiel Frankfurt, Chagallsaal
Neue Mainzer Str. 17
60311 Frankfurt am Main

Die internationale Protestbewegung von 1968 hatte in Frankfurt einen lokalen westdeutschen Schwerpunkt. 50 Jahre später scheint die Revolte entweder Anlass idealisierender Nostalgie oder wütender Diffamierung. Zeit, zu fragen, was „68“ uns heute noch zu sagen hat.
Was lässt sich im Europa von 2018 aus den damaligen Protesten lernen? Was ist vom Aufbegehren und vom Aufbruch übriggeblieben, und was davon sollte politisch in die Zukunft weitergetragen werden? Brauchen wir eine Renaissance des Politischen? Gegen welche gesellschaftlichen Verkrustungen muss heute revoltiert werden – und mit welcher moralischen Legitimation?
Die Römerberggespräche nehmen das historische Jubiläum zum Anlass einer aktuellen und persönlichen Selbstvergewisserung: Welche Veränderungen brauchen wir heute, und inwieweit helfen oder blockieren uns dabei die Erfahrungen der globalen Protestbewegung von 1968?

Moderation: Insa Wilke (Literaturkritikerin, Moderatorin und Publizistin) und Alf Mentzer (Literaturwissenschaftler, Leiter des Ressort hr2-Tagesprogramm im Hessischen Rundfunk).

Programm (pdf): Hier...

Die Verantstaltung ist öffentlich. Der Eintritt ist frei.

Programm:

10.00 Uhr
Begrüßung

10.15 Uhr
Armin Nassehi
Reflexion und Moralisierung als Pose – was von 1968 geblieben ist

Armin Nassehi, geb. 1960 in Tübingen, aufgewachsen in München, Landshut, Teheran und Gelsenkirchen, ist seit 1998 Lehrstuhlinhaber für Soziologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU). Darüber hinaus ist er Mitglied des Vorstands des Humanwissenschaftlichen Zentrums der LMU, Mitglied des Vorstandes des Münchner Kompetenzzentrums Ethik, seit 2009 Mitglied des Hochschulrates und des Senats der LMU München, und seit 2012 Mitglied des Vorstands des Forschungsinstituts für Philosophie, Hannover. Seine Forschungsgebiete liegen im Bereich Kultursoziologie, Wissenssoziologie und politische Soziologie. Er hat zahlreiche Publikationen innerhalb dieser Forschungsgebiete vorgelegt, darunter mehr als 20 Bücher. Außerhalb des Hochschulbereichs ist Nassehi vielfältig in Vortrags- und Beratungskontexte eingebunden sowie publizistisch tätig. Er veröffentlicht regelmäßig in SZ, DER SPIEGEL, FAZ, DIE ZEIT etc. Seit 2012 ist er Herausgeber der Kulturzeitschrift „Kursbuch“. In seiner Freizeit ist er ein leidenschaftlicher Sänger (Bass). Jüngste Buchpublikationen: Gab es 1968? Eine Spurensuche, Hamburg 2018 (erscheint im April). Die letzte Stunde der Wahrheit. Kritik der komplexitätsvergessenen Vernunft, Hamburg 2017. Deutschland. Ein Drehbuch, Hamburg 2016.

11.15 Uhr
Priska Daphi
Wie sieht heutige Protestkultur aus?

Priska Daphi ist Soziologin und forscht zu politischer Beteiligung, Zivilgesellschaft und sozialen Bewegungen in Europa. Sie lehrt an der Goethe-Universität Frankfurt am Main und leitet die Nachwuchsgruppe „Konflikt und Soziale Bewegungen“ am Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK), einem Partner im Verbund des Frankfurter Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“. Bis 2017 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Politikwissenschaft der Goethe-Universität sowie am Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“. Priska Daphi promovierte an der Humboldt-Universität zu Berlin und studierte politische Soziologie in Berlin, London und Maastricht. 2015 war sie Humboldt-Fellow am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz. Sie ist Gründungsmitglied des Instituts für Protest- und Bewegungsforschung in Berlin (IPB), mit dem sie regelmäßig Befragungen aktueller Proteste in Deutschland durchführt.

12.15 Uhr
Ulrich Herbert
Reform und Revolte – 1968 in diachroner und transnationaler Perspektive

Ulrich Herbert, Jg. 1951, forschte und lehrte an den Universitäten Essen, Hagen, Tel Aviv und Hamburg und übernahm 1995 den Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Freiburg. Seine wichtigsten Bücher: „Fremdarbeiter“ (1985), „Best“ (1996), „Geschichte der Ausländerpolitik in Deutschland“ (2001), „Wandlungsprozesse in Westdeutschland“ (2002), „Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert“ (2014), „Das Dritte Reich“ (2016). Er ist seit 2004 Mitherausgeber der Quellenedition „Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland“ (16 Bde., München 2008 ff.). 1999 erhielt er den Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Video:

 

 

13.15 Uhr
Mittagspause

14.15 Uhr
Wolfgang Kraushaar
Vom Nutzen und Nachteil der 68er-Geschichte für linke Politik

Wolfgang Kraushaar geb. 1948, promovierter Politikwissenschaftler, studierte an der Universität Frankfurt am Main Politikwissenschaft, Philosophie und Germanistik; von 1987 bis 2014 Mitarbeiter am Hamburger Institut für Sozialforschung, seit 2014 an der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur; Forschungsschwerpunkt: Protestbewegungen in der alten Bundesrepublik und Linksterrorismus; 2004 Gastprofessur an der Beijing Normal University; Lehraufträge an den Universitäten Hamburg, Berlin und Zürich. Publikationen u.a.: Die Protest-Chronik. Eine illustrierte Geschichte von Bewegung, Widerstand und Utopie – 1949 bis 1959, Bd.I-IV, Hamburg 1996; 1968 als Mythos, Chiffre und Zäsur, Hamburg 2000; Die Bombe im Jüdischen Gemeindehaus, Hamburg 2005; Die RAF und der linke Terrorismus (Hg.), Bd. I/II, Hamburg 2006; Achtundsechzig – Eine Bilanz, Berlin 2008; Die blinden Flecken der RAF, Stuttgart 2017. 1968 / 100 Seiten, Ditzingen 2018. Die blinden Flecken der 68er-Bewegung, Stuttgart 2018.

Video:

 

 

15.30 Uhr
Christina von Hodenberg und Gisela Notz im Gespräch
Wie emanzipatorisch war 1968?

Christina von Hodenberg ist Professorin für Europäische Geschichte an der Queen Mary University in London. Ihr besonderes Interesse gilt der Bundesrepublik der 1960er und 1970er Jahre, den Protestbewegungen und den Massenmedien. Im Februar 2018 legt sie mit dem Buch ‚Das andere Achtundsechzig: Gesellschaftsgeschichte einer Revolte‘ (Beck Verlag) eine Neuinterpretation der Studentenrevolte vor. In anderen Veröffentlichungen hat sie sich der Bedeutung des Unterhaltungsfernsehens für den Wertewandel der 1970er Jahre (‘Television’s Moment’, 2015) und der Rolle des politischen Journalismus für die Demokratisierung der Bundesrepublik (‚Konsens und Krise‘, 2006) gewidmet. Sie studierte in Bonn, München und Bielefeld, war Assistentin am Historischen Seminar der Universität Freiburg, John F. Kennedy Fellow an der Harvard University, Visiting Associate Professor an der University of California at Berkeley und Humboldt-Preisträgerin an der Universität Halle. Ihre ersten zwei Bücher zur preußischen Geschichte des 19. Jahrhunderts behandelten den schlesischen Weberaufstand sowie die Rolle der preußischen Richter in der Revolution 1848/49.

Gisela Notz, Dr. phil., geboren in Schweinfurt am Main, studierte Sozialwissenschaften an der TU in Berlin und arbeitete bis 2007 als wissenschaftliche Referentin im Historischen Forschungszentrum der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn. Daneben hatte sie Lehraufträge und Vertretungsprofessuren in Soziologie und Politikwissenschaften an verschiedenen Universitäten. Von 1985 bis 1997 war sie Mitherausgeberin der Zeitschrift „beiträge zur feministischen theorie und praxis“, seit 2007 gehört sie dem Redaktionsteam von Lunapark21, zeitschrift zur kritik der globalen ökonomie an. Sie lebt und arbeitet freiberuflich in Berlin, schreibt in verschiedenen Zeitungen, Zeitschriften und Büchern.  Zuletzt schrieb sie: 50 Jahre 1968: Warum flog die Tomate? Die autonomen Frauenbewegungen der Siebzigerjahre, Neu-Ulm: 2018, aktualisierte und erweiterte Neu-Auflage.  Kritik des Familismus, Stuttgart 2015. In Kürze erscheint: Wegbereiterinnen. Berühmte, bekannte und zu Unrecht vergessene Frauen aus der Geschichte, Neu-Ulm 2018.

Video:

 

 

17.00 Uhr
Martin Saar
Was hieß (und was heißt) „Demokratisierung der Demokratie“?

Martin Saar ist seit Herbst 2017 Professor für Sozialphilosophie am Institut für Philosophie der Goethe-Universität und Mitglied des Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“, von 2014 bis 2017 Professur für Politische Theorie an der Universität Leipzig, Professurvertretungen und Gastaufenthalte an den Universitäten in Bremen, Hamburg, an der New School for Social Research in New York und an der Humboldt-Universität in Berlin. Seine Arbeitsschwerpunkte beziehen sich einerseits auf die Philosophie der frühen Neuzeit, besonders das Werk des holländischen Philosophen Baruch de Spinoza, andererseits auf das Problem der Macht als zentralem gesellschaftlichem Faktor, wie es in der neueren französischen Philosophie, in der Theoriegeschichte des Marxismus und besonders in der Kritischen Theorie eine herausragende Rolle spielt. Veröffentlichungen u.a.: Genealogie als Kritik. Geschichte und Theorie des Subjekts nach Nietzsche und Foucault, Frankfurt am Main/New York 2007; Sozialphilosophie und Kritik, Frankfurt am Main 2009 (hg. mit Rainer Forst, Martin Hartmann und Rahel Jaeggi); Die Immanenz der Macht. Politische Theorie nach Spinoza, Berlin 2013.

Video:

 

 

Veranstalter:
Römerberggespräche e.V. in Zusammenarbeit mit dem Exzellenzcluster "Die Herausbildung normativer Ordnungen"

 

 

 

 


Aktuelles

Nicole Deitelhoff erhält LOEWE-Spitzen-Professur an Goethe-Universität und HSFK

Die Co-Sprecherin des Forschungszentrums "Normative Ordnungen" Prof. Nicole Deitelhoff erhält eine LOEWE-Spitzen-Professur des Landes Hessen. Wir freuen uns, dass diese Förderung ihre Forschungen zur Produktivität von Konflikten auch weiterhin fruchtbar machen wird. Weitere Informationen: Hier...

Normative Orders Newsletter 02|23 erschienen

Der Newsletter aus dem Forschungszentrum „Normative Ordnungen“ versammelt Informationen über aktuelle Veranstaltungen, Neuigkeiten und Veröffentlichungen. Zur zweiten Ausgabe: Hier...

Nächste Termine

7. Juni 2023, 18.15 Uhr

Stiftungsgastprofessur „Wissenschaft und Gesellschaft“ der Deutschen Bank AG: "Das Bauwerk der Demokratie": Prof. Dr. Andreas Fahrmeir (Goethe-Universität, Normative Orders): Demokratie, Nation und Europa – damals und heute. Mehr...

7. Juni 2023, 18.15 Uhr

Vortragsreihe 100 Jahre Georg Lukács „Geschichte und Klassenbewusstsein“: Mariana Teixeira (Freie Universität Berlin): Lukács, Feminism, and the Revolutionary Standpoint Today. Mehr...

14. Juni 2023, 16 Uhr

Public lecture and discussion: Solidarity in Place? Hope and Despair in Postpandemic Membership. Mehr...

14. Juni 2023, 18.15 Uhr

Kantorowicz Lecture in Political Language: Dr. David Motadel (Associate Professor für internationale Geschichte an der London School of Economics and Political Science): Globale Monarchie: Royale Begegnungen und die Weltordnung im imperialen Zeitalter. Mehr...

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Prof. Dr. Armin von Bogdandy (MPI für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Goethe-Universität, ConTrust)
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Prof. Dr. Till van Rahden (Université de Montréal)
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