Zweitägiges Forum
18. und 19. September 2021
Gerade einmal fünfzig Jahre nach der Frauenbewegung erleben wir heute, dass Errungenschaften, die wir längst für selbstverständlich gehalten hatten, unter Beschuss stehen. Weltweit sind politische Akteure auf dem Vormarsch, die eine vermeintlich „natürliche Ordnung“ wiederherstellen wollen. Frauen und LGBTQI+ sind dadurch akut bedroht. Aufgeweicht oder abgeschafft werden unter anderem das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung, das Recht auf Schutz vor häuslicher Gewalt, der Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen sowie zu modernen Fortpflanzungstechnologien. Auch auf dem Arbeitsmarkt, in der Politik und der Kultur herrscht keine Geschlechtergerechtigkeit, vielerorts sinkt der Frauenanteil sogar wieder.
Verantwortlich für diesen globalen Backlash sind Ultrakonservative bzw. Rechtsextreme aus aller Welt. Akademiker*innen, religiöse Gruppierungen, Aktivist*innen, Adelige und Oligarchen schließen sich in transnationalen, also grenzüberschreitenden Allianzen zusammen. Die Politik mit Frauen und Familie dient dabei auch einem allgemeineren Zweck: Mithilfe dieser Themen bauen Ultrakonservative weltweit ihre Netzwerke und ihre Macht aus. Durch veränderte Begriffe, Sprache, Bilder, kommunikative und operative Strategien gelingt es ihnen, fundamentalistische Positionen als normal darzustellen und so im Mainstream zu verankern. Diese Verschiebung der öffentlichen Debatte nach rechts hat gravierende Auswirkungen auf demokratische, pluralistische Gesellschaften und das alltägliche Zusammenleben. Längst überholt geglaubte Wertvorstellungen wurden schleichend wieder salonfähig gemacht.
Diese Strategien und Praktiken beobachten Journalist*innen, Aktivist*innen und Forscher*innen aus aller Welt seit Jahren. Ihre Erkenntnisse und Erfahrungen sollen im Rahmen des zweitägigen Forums Your body is a battleground für eine breitere Öffentlichkeit sichtbar gemacht und debattiert werden. Teilnehmen können alle Interessierten kostenlos und ohne Voranmeldung – vor Ort im Frankfurter Kunstverein oder online. Alle Panels des Forums Your body is a battleground – ultrakonservative Strategien zur Wiederherstellung einer „natürlichen Ordnung“ werden live auf dem Youtube-Kanal des Frankfurter Kunstvereins übertragen.
Kuratorin: Asia Leofreddi
Programm (PDF): Hier...
Zum Livestream: Hier...
Videos:
Samstag, 18. September 2021
Sonntag, 19. September 2021
Bildergalerie:
Programm:
Samstag, 18. September 2021
11.00 Uhr
Begrüßung
Dr. Ina Hartwig (Dezernentin für Kultur und Wissenschaft der Stadt Frankfurt am Main)
Rosemarie Heilig (Dezernentin für Umwelt und Frauen der Stadt Frankfurt am Main)
Prof. Franziska Nori (Direktorin Frankfurter Kunstverein)
11.45 Uhr
Keynote: Ultrakonservative Strategien zur Wiederherstellung einer ’natürlichen Ordnung‘: Die Netzwerke der ‚Agenda Europe‘
Neil Datta (Sekretär des Europäischen Parlamentarischen Forums für sexuelle und reproduktive Rechte, EPF. Herausgeber der Berichte The Tip of the Iceberg (Die Spitze des Eisbergs), 2021, Modern Day Crusaders (Die heutigen Kreuzritter), 2020, Restoring the Natural Order (Die natürliche Ordnung wiederherstellen), 2018)
Im Gespräch mit: Asia Leofreddi (Kuratorin des Forums, Journalistin, Soziologin und Doktorandin in Human Rights, Society and Multi-level Governance an der Universität Padua)
13.00 – 13.45 Uhr Mittagspause
13.45 Uhr
Was ist radikaler Konservativismus und warum ist er so gefährlich?
Die normativen Ordnungen des radikalen Konservativismus
Prof. Dr. Thomas Biebricher (Politikwissenschaftler, Copenhagen Business School, Normative Orders, Goethe-Universität Frankfurt, Autor von Geistig-moralische Wende: Die Erschöpfung des deutschen Konservatismus, Berlin 2018)
Natascha Strobl (Politikwissenschaftlerin, Schwerpunkte auf Rechtsextremismus und die Neue Rechte, Mitautorin von Die Identitären. Handbuch zur Jugendbewegung der Neuen Rechten in Europa, Münster 2017)
Prof. Dr. Sarah Speck (Soziologin mit Schwerpunkt auf Frauen- und Genderstudien, Goethe-Universität Frankfurt)
Moderation: Rebecca C. Schmidt (Normative Orders, Goethe-Universität Frankfurt)
15.15 Uhr
Die Instrumentalisierung und Unterwanderung der Menschenrechte durch ultrakonservative Bewegungen
Prof. Dr. Kristina Stoeckl (Soziologin, Forschungsleiterin ERC POstSEcularConflicts, Universität Innsbruck)
Prof. Dr. Susanna Mancini (Juristin, Universität Bologna. In ihrer Arbeit beschäftigt sie sich mit Fragen des Rechts und der Religion, reproduktiven Rechten, der Partnerschaft von Feminismus und Multikulturalismus)
Prof. Dr. Paul Blokker (Soziologe, Assoziierter Professor mit dem Forschungsschwerpunkt auf Populismus und Recht in Mittel- und Osteuropa, Universität Bologna)
Moderation: Dr. Gesine Dornblueth (Journalistin)
16.30 – 16.45 Uhr Kaffeepause
16.45 Uhr
Our Bodies, Our Politics: Against The Ultra-Conservatives and Their Liberal Enablers
Vortrag von Prof. Dr. Nancy Fraser (Livestream)
Nancy Fraser ist Henry A. und Louise Loeb Professorin an der New School for Social Research und Mitglied des Redaktionsausschusses der New Left Review. Als ausgebildete Philosophin hat sie sich auf kritische Gesellschaftstheorie und politische Philosophie spezialisiert. Ihre neuesten Bücher sind Cannibal Capitalism (erscheint 2022 bei Verso) und Feminism for the 99%: Ein Manifest, gemeinsam verfasst mit Cinzia Arruzza und Tithi Bhattacharya (Verso, 2019 übersetzt in 24 weiteren Sprachen).
Einführung von Prof. Dr. Rainer Forst (Politischer Philosoph, Normative Orders, Goethe-Universität Frankfurt)
Sonntag, 19. September 2021
11.00 Uhr
Die weltweiten Netzwerke ultrakonservativer Bewegungen
Dr. Massimo Prearo (Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Forschungszentrum Politik und Theorie der Sexualität, Universität Verona)
Dr. Katharina Hajek (Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Fakultät für Kulturwissenschaften, Universität Koblenz-Landau)
Prof. Dr. Elżbieta Korolczuk (Assoziierte Professorin für Soziologie an der Södertörn Universität Stockholm und am Zentrum für Amerikastudien der Universität Warschau. Zu ihren jüngsten Veröffentlichungen gehört der von ihr mit herausgegebene Band Women’s Rebellion. Black Protests and Women’s Strikes, 2019.)
Moderation: Annalisa Camilli (Journalistin, Internazionale)
12.30 Uhr
Ursachen und Herausforderungen der Krise: Welche Rolle spielen progressive / liberale Bewegungen?
Eszter Kováts (Doktorandin in Politikwissenschaft an der ELTE Universität Budapest. Von 2012 bis 2019 war sie im ungarischen Büro der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) für das Genderprogramm der Stiftung für Ostmitteleuropa zuständig.)
Prof. Dr. Sara Farris (Assoziierte Professorin, Soziologin und Autorin, Goldsmith Universität London. Sie ist Autorin von In the name of women’s rights. Der Aufstieg des Femonationalismus, 2017 und hat zahlreiche weitere Publikationen zu Gender, Migration, Theorien der sozialen Reproduktion veröffentlicht.)
Judith Goetz (Literatur- und Politikwissenschaftlerin, Universität Wien. Sie ist Mitglied der Forschungsgruppe Ideologien und Politiken der Ungleichheit sowie des Forschungsnetzwerks Frauen und Rechtsextremismus.)
Prof. Dr. Ilse Lenz (Professorin em. für Soziologie mit dem Schwerpunkt Geschlechter- und Sozialstrukturforschung an der Ruhr-Universität-Bochum.)
Moderation: Asia Leofreddi (Kuratorin des Forums, Journalistin, Soziologin und PhD Studentin des Programms Human Rights, Society and Multi-level Governance an der Universität Padua)
Voraussichtliches Ende: ca. 14.30 Uhr
Veranstalter:
Frankfurter Kunstverein und Forschungsverbund "Normative Ordnungen" der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Das Forum findet unter der Schirmherrschaft des Kulturamtes der Stadt Frankfurt am Main und des Amtes für Umwelt und Frauen der Stadt Frankfurt am Main statt.