Transnationale Gerechtigkeit und Demokratie
ProjektleiterInnen: Prof. Dr. Nicole Deitelhoff, Prof. Dr. Rainer Forst, Prof. Dr. Peter Niesen und Prof. Dr. Klaus Dieter Wolf
Dieses kooperative Projekt aus Politischer Theorie und Internationalen Beziehungen fragte nach den normativen Begriffen und der Empirie der Herausbildung transnationaler politischer Ordnungen. Die konkretere Fragestellung des Projekts richtete sich auf die Bedeutung von „Gerechtigkeit“ und „Demokratie“ jenseits der Einzelstaaten und das Verhältnis zwischen ihnen. Beide Grundbegriffe des politischen Denkens waren ursprünglich auf staatliche Gemeinwesen bezogen und müssen auf ihre anhaltende Angemessenheit überprüft werden, nachdem die Einhegung von Problemen und die Bereitstellung von Lösungen in vielen Politikfeldern nicht mehr von den Einzelstaaten geleistet werden können. Die institutionellen Reaktionen auf die Globalisierung lassen sich grob in vier ganz unterschiedliche Modelle einordnen, die nicht nur aufgrund ihrer empirischen Prävalenz, sondern auch auf der Basis von sich abzeichnenden charakteristischen Legitimationsbestrebungen ausgewählt wurden: I. deliberativer Internationalismus (Nicole Deitelhoff), II. supranationales Regieren (Peter Niesen), III. transnationale 'governance without government' (Klaus Dieter Wolf), IV. transnationale Demokratisierung durch die Etablierung diverser Rechtfertigungspraktiken (Rainer Forst).
Die im Projektantrag skizzierte skeptische Gegenposition, die weder den Gerechtigkeits- noch den Demokratiebegriff auf Kontexte jenseits der Einzelstaaten für anwendbar hält, hat sich nicht behaupten können. Das bedeutet nicht, dass Standards von Gerechtigkeit und Demokratie reflexhaft auf beliebige Kontexte angewendet werden können, ohne sich vorher deren innerer Struktur versichert zu haben. In einer Gerechtigkeitstheorie mit politischem Anspruch führt ein rein güter- und empfängerzentriertes Denken dazu, die politischen Grundprämissen der Gerechtigkeit aus dem Blick zu verlieren – national wie über die Staaten hinaus (Forst, Rainer (2009): „Zwei Bilder der Gerechtigkeit“, in: Rainer Forst/Martin Hartmann/Rahel Jaeggi/Martin Saar (Hg.), Sozialphilosophie und Kritik, Frankfurt/M.: Suhrkamp, 205-228; Forst, Rainer (2012): „Transnationale Gerechtigkeit und Demokratie. Zur Überwindung von drei Dogmen der politischen Theorie“, in: Peter Niesen (Hg.), Transnationale Gerechtigkeit und Demokratie, Frankfurt a.M./New York: Campus, 29-48; englische Übersetzung (von Ciaran Cronin) (2013): „Transnational Justice and Democracy. Overcoming Three Dogmas of Political Theory“, in: Eva Erman/Sofia Näsström (Hg.), Political Equality in Transnational Democracy, New York: Palgrave Macmillan, 41-59). Das Ausblenden der Akteursperspektive setzt sich dem Vorwurf aus, die politische Ordnung letztlich naturrechtlich zu fundieren (Niesen, Peter (2010): „Internationale Politische Theorie – Eine disziplinengeschichtliche Einordnung“, in: Zeitschrift für Internationale Beziehungen 17(2), 267-277). Die praxisinterne Logik von Gerechtigkeitsforderungen lässt sich nur dann entwickeln, wenn bei bestehenden intersubjektiven Gewalt-, Zwangs- und Austauschbeziehungen angesetzt wird, wie sie von Protestbewegungen skandalisiert werden – d.h., bei Beziehungen der Beherrschung (domination) (Forst, Rainer (2010): „Was ist und was soll Internationale Politische Theorie?”, in: Zeitschrift für Internationale Beziehungen 17(2), 355-363). Gerechtigkeitsforderungen setzen eine Geschichte der Abhängigkeit und Verletzung voraus. Die Voraussetzung einer präexistierenden gemeinsamen Grundstruktur (Rawls) erscheint dagegen zu weitgehend und unflexibel, da sie nicht-institutionelle Herrschafts- und Ausbeutungsbeziehungen für die Existenz von Gerechtigkeitsforderungen unberücksichtigt lassen muss. Eine politische Theorie der Gerechtigkeit kann plausibel machen, wie machtförmig strukturierte Interaktionen innerhalb und außerhalb von Institutionen politische Rechtfertigungspflichten und, in manchen Fällen, gerechtfertigte Forderungen nach neuen Formen der Institutionalisierung erzeugen (Forst, Rainer (2011): Kritik der Rechtfertigungsverhältnisse, Berlin: Suhrkamp; englische Übersetzung (von Ciaran Cronin) (2013): Justification and Critique.Towards a Critical Theory of Politics, Cambridge: Polity Press; italienische Übersetzung (von Enrico Zoffoli) (2013): Critica dei rapporti di giustificazione, Turin: Trauben; spanische Übersetzung (von Graciela Calderón) (2015): Justificación y crítica, Buenos Aires: Katz Editores), die dann ihrerseits auf Gerechtigkeit und demokratische Legitimität untersucht werden können. Nicht immer sind global artikulierte Forderungen nach Gerechtigkeit und Demokratie jedoch Forderungen nach globaler Gerechtigkeit und Demokratie: Manche Aufrufe von kosmopolitischer Reichweite sind konservativ in ihrer institutionellen Ausrichtung und auf die Reform von Einzelstaaten bezogen (Niesen, Peter (2011): „Demokratie jenseits der Einzelstaaten“, in: Andreas Niederberger/Philipp Schink (Hg.), Globalisierung. Ein interdisziplinäres Handbuch, Stuttgart: Metzler, 284-291; Niesen, Peter (2012), „Kosmopolitismus in einem Land“, in Peter Niesen (Hg.), Transnationale Gerechtigkeit und Demokratie, Frankfurt a.M./New York: Campus, 311-339).
Wie die Anwendbarkeit des Ausdrucks „gerecht“ ist auch die Anwendbarkeit des Ausdrucks „demokratisch“ begrifflichen Standards unterworfen. Ein wichtiges Ergebnis der Forschungsinitiative ist, dass sich eine normative Konzeption des deliberativen Internationalismus, also horizontal-diskursiver Austauschbeziehungen zwischen Staaten, besser als ein fairness-, also gerechtigkeitsorientierter Ansatz denn als Theorie der Demokratisierung globaler Verhältnisse verstehen lässt. Die Legitimität zwischenstaatlicher Diskurse und Verhandlungen steigt mit ihrer Sensibilität für kulturelle Differenz und mit der materiellen Angleichung von Verhandlungspositionen (Deitelhoff, Nicole (2009): „Fairness oder Demokratie? Zu den Chancen deliberativer Verfahren im internationalen Regieren“, in: Brunkhorst, Hauke (Hg.): Demokratie in der Weltgesellschaft (Sonderband Soziale Welt), Baden-Baden: Nomos, 303-322; Deitelhoff, Nicole (2009): „The Discursive Process of Legalization. Charting Islands of Persuasion in the ICC case”, in: International Organization 63(1), 33-66). Demokratischen Maßstäben sind sie aber nur in Bezug auf die innere Organisation der beteiligten Staaten unterworfen. Anders verhält es sich mit Kontexten, in denen Herrschaftsbeziehungen auch jenseits des Staates diagnostiziert werden (Deitelhoff, Nicole (2012): „Is Fair Enough? Legitimation internationalen Regierens durch deliberative Verfahren“, in: Niesen, Peter (Hg.), Transnationale Gerechtigkeit und Demokratie, Frankfurt a.M./New York: Campus, 103-130). Hier erscheint die Forderung nach „Gerechtigkeit statt Demokratie“ (Neyer) jenseits der Einzelstaaten kategorial unhaltbar (Forst, Rainer (2010): „Justice and Democracy. Comments on J. Neyer, ‘Justice, not Democracy’“, in: Rainer Forst/Rainer Schmalz-Bruns (Hg.): Political Legitimacy and Democracy in Transnational Perspective (Recon Report), Oslo: Arena, 37-42), da sie Gerechtigkeitsforderungen nach Demokratisierung ignorieren muss (Niesen, Peter (2014), „Jürgen Neyer, The Justification of Europe“, Politische Vierteljahresschrift 55 (3), 555-557), ohne dass jedoch eine nachholende „kosmopolitische“ Demokratisierung eine alternativlose und unproblematische Antwort auf die Legitimitätsdefizite des Regierens jenseits des Staates wäre. Die staatsanaloge Demokratisierung jenseits der Einzelstaaten ist mit drei Problemen konfrontiert: Wie der Weg zur kosmopolitischen Demokratie auf friedlichem Wege zurückzulegen ist; was mit widerständigen, nicht-demokratischen Einzelstaaten geschehen soll; sowie schließlich, was aus der bereits vorhandenen Pluralität von Governance-Formen werden soll, die in einer Reihe von Politikfeldern auf dem Wege der privaten Selbstregulierung politische Steuerungsfunktionen wahrnehmen und dabei auch selbst politische Herrschaft ausüben. Supranationale Demokratisierung auf globaler Ebene soll daher zwei Bedingungen respektieren: Sie soll trotz ihrer rechtlichen Suprematie Sanktionsressourcen bei den Staaten belassen und in Bezug auf andere Koordinationsformen autonomieschonend vorgehen (Niesen, Peter (2011): „Demokratie jenseits der Einzelstaaaten“, in: Andreas Niederberger/Philipp Schink (Hg.), Globalisierung. Ein interdisziplinäres Handbuch, Stuttgart: Metzler, 284-291). Schließlich hat die Analyse transnationalen Regierens, also grenzüberschreitender Herrschaftsausübung, bei der private Akteure entscheidende Rollen übernehmen, eine weitere Verschiebung mit sich gebracht, die sich auch durch empirische Entwicklungen im Berichtszeitraum (globale Finanzkrise seit 2008) erhärten ließ. Die bisherige Konzentration auf die interne Demokratisierung von Governance-Strukturen auf der Basis ihrer Zugänglichkeit, Transparenz und Responsivität (Steffek/Nanz) wurde zugunsten einer stärker staatenzentrierten Perspektive verlassen. Die Reflexion des Legitimitätsbegriffs ergibt, dass legitimationsbedürftig weniger die internen Koordinationsformen sondern vielmehr die Vorgaben und Unterlassungen seitens öffentlicher Akteure (Staaten, zwischenstaatliche Institutionen) sind, in die die unterschiedlichen Formen der transnationalen privaten Selbstregulierung auch im Raum jenseits des Staates eingebettet sind und im Sinne einer Regulierung der Selbstregulierung rechtlich einhegt werden (Wolf, Klaus Dieter/Schwindenhammer, Sandra (2011): „Der Beitrag privater Sebstregulierung zu Global Governance“, in: Zeitschrift für Wirtschafts- und Unternehmensethik 12(1), 10-28; Wolf, Klaus Dieter (2011): „Unternehmen als Normunternehmer: Global Governance und das Gemeinwohl“, in: Stefan Kadelbach/Klaus Günther (Hg.), Recht ohne Staat? Zur Normativität nichtstaatlicher Rechtsetzung (Reihe: Normative Orders Bd. 4), Frankfurt a. M./New York: Campus, 101-118; Wolf, Klaus Dieter (2012): „Legitimitätsbedarf und Legitimation privater Selbstregulierung am Fall der lex sportiva“, in: Peter Niesen (Hg.), Transnationale Gerechtigkeit und Demokratie (Reihe: Normative Orders Bd. 6), Frankfurt a.M./New York: Campus, 189-214).
Im Ausgang des Projekts stand eine pluralistische Perspektive auf verschiedene neue Koordinationsformen und verschiedene legitimationsrelevante Akteure: staatliche, privat-korporative und kosmopolitische. Der gerechtigkeits- wie demokratietheoretische Alleinvertretungsanspruch staatlicher Gemeinwesen konnte zurückgewiesen werden. Genauso wenig ließ sich eine der unterschiedenen Koordinationsformen aus normativen Gründen privilegieren. Dennoch hat sich eine nicht bloß faktische, sondern legitimationstheoretische Resilienz des (sich transformierenden) Staates in drei Kontexten gezeigt. Erstens in der bleibenden Bedeutung horizontaler Verhandlungen und Diskurse zwischen Staaten, zweitens in der zunehmenden Bedeutung kosmopolitischer Öffnung der Einzelstaaten, drittens schließlich als bleibende Adressaten für die Funktionalität und Legitimität von Governance-Mechanismen. In Abgrenzung zu monistischen Konzeptionen, seien sie kosmopolitisch (Held) oder staatenzentriert (Rawls, Nagel, Maus), hat sich im Projektzusammenhang die Dynamik staatlicher Demokratie und zwischen- wie suprastaatlicher Koordination als zentraler Untersuchungsgegenstand legitimitätsorientierter Forschung aufgedrängt.
Im Rahmen des Forschungsprojekts wurden durch alle beteiligten PIs zwei Workshops zum übergreifenden Forschungsthema „Transnationale Gerechtigkeit und Demokratie“ organisiert, die beide am Forschungskolleg Humanwissenschaften in Bad Homburg stattfanden (Research Workshop, 25.06.2009; Abschlussworkshop, 16.09.2010).Beispielhaft für die aus dem Projekt entstandene Kooperation der beteiligten PIs waren zudem der Workshop „Europas Rechtfertigung“ (Workshop zum Buchprojekt von Jürgen Neyer „Europas Rechtfertigung“, Bad Homburg, 20.7.2010), das Panel „Staat, Demokratie, Gerechtigkeit in transnationalen Räumen“ im Rahmen des DVPW-Kongresses (25.9.2009) sowie die internationale Konferenz „Internationale Politische Theorie“ (10.-12.6.2010, gefördert von der DFG sowie von Exzellenzcluster und Nomos-Verlag), die gemeinsam organisiert und durchgeführt wurden von Prof. Niesen und Prof. Deitelhoff.
Zentrale Ergebnisse des Projekts wurden in einem Band veröffentlicht, der Beiträge der Projektleiter und weiterer am Projekt beteiligter Personen versammelt: Niesen, Peter (Hg.) (2012): Transnationale Gerechtigkeit und Demokratie (Reihe: Normative Orders Bd. 6), Frankfurt a.M./New York: Campus.An dem Projekt waren neben den vier Projektleitern insgesamt sechs Mitarbeiter/innen bzw. Stipendiaten/innen beteiligt, die aus Mitteln des Exzellenzclusters finanziert wurden. Im Rahmen des Projekts entstanden dabei eine Reihe von Qualifizierungsarbeiten.
Andreas von Staden, Lisbeth Zimmermann, Friedrich Arndt, Angela Marciniak und Linda Wallbott waren am Darmstädter Standort an einem Forschungszusammenhang zum Umgang mit globalem Ordnungspluralismus beteiligt. Basierend auf intensiver gemeinsamer Arbeit der Darmstädter Projektmitarbeiter/innen zu globaler Demokratie und Gerechtigkeit in Anbetracht überlappender Ordnungen entstand ein Working Paper: Zimmermann, Lisbeth/von Staden, Andreas/Marciniak, Angela/Arndt, Friedrich (2010): „Pluralisierung normativer Ordnungen und resultierende Normkonflikte: Lösungsstrategien und ihr Erfolg“ (Normative Orders Working Paper 06/2010) und ein Zeitschriftenartikel: Zimmermann, Lisbeth/von Staden, Andreas/Marciniak, Angela/Arndt, Friedrich/Wallbott, Linda (2013): „Muss Ordnung sein? Zum Umgang mit Konflikten zwischen normativen Ordnungen“, in: Zeitschrift für Internationale Beziehungen 20(1), 35-60. Empirisch werden dort Legitimitäts- und Gerechtigkeitsansprüche der Beteiligten und Betroffenen beim Umgang mit Konflikten durch Ordnungspluralismus untersucht. Die Doktorand/innen waren insbesondere auch an der Organisation der ersten beiden Nachwuchskonferenzen des Clusters beteiligt. So organisierten im Rahmen der ersten Nachwuchskonferenz „Normative Ordnungen: Rechtfertigung und Sanktion“, (23.-25. Oktober 2009) Lisbeth Zimmermann und Linda Wallbott das Panel „Prozesse der Normdiffusion. Verbindung der internationalen und der lokalen Ebene“, und Friedrich Arndt: ein weiteres Panel zum Thema „Konzeptionalisierung globaler Ordnungen“.
Andreas von Staden beschäftigte sich im Projektzusammenhang außerdem mit der Frage von Legitimität beim Regieren jenseits des Nationalstaats, u.a. in einer Publikation zu Legitimitätsaspekten des europäischen Menschenrechtssystems (von Staden, Andreas (2009): „Legitimitätsaspekte des europäischen Menschenrechtssystems“, in: Ingo Take (Hg.), Legitimes Regieren jenseits des Nationalstaats: Unterschiedliche Formen von Global Governance im Vergleich, Baden-Baden: Nomos, 146-172). Er arbeitete zusätzlich zu Rule of Law jenseits des Nationalstaats. Zu diesem Thema entstanden ebenfalls mehrere Publikationen (u.a.:von Staden, Andreas/Burke-White, William (2010): Private Litigation in a Public Law Sphere: The Standard of Review in Investor-State Arbitrations, in: Yale Journal of International Law 35, 283-346; von Staden, Andreas (2012): „The democratic legitimacy of judicial review beyond the state“, in: International Journal of Constitutional Law 10, 1023-1049; von Staden, Andreas (2012): „Zur demokratischen Legitimität der Überprüfungstätigkeit internationaler Gerichtshöfe“, in: Peter Niesen (Hg.), Transnationale Gerechtigkeit und Demokratie, Frankfurt a.M./New York: Campus, S. 215-250). Einige dieser Einzelveröffentlichungen bilden zugleich die Grundlagen seines PhD an der Universität Princeton, für welche er 2010 den Best Dissertation Award in der Human Rights Section der American Political Science Association (APSA) erhielt.
Lisbeth Zimmermann untersuchte im Rahmen ihres Dissertationsprojekts lokale Reaktionen auf die Förderung von Rechtstaatlichkeitsnormen in Postkonfliktstaaten. Sie analysierte in diesem Zusammenhang die Spannungen zwischen Vorstellungen gerechten und demokratischen Regierens auf globaler und auf lokaler Ebene und Lokalisierungsprozessen globaler Normvorstellungen. Zu diesem Thema organisierte sie einen deutschlandweiten Doktorandenworkshop („Jenseits der Normübernahme – Normlokalisierungsprozesse unter der Lupe“, HSFK, 30.09.-01.10.2010) und ein internationales Panel „New Approaches to the Study of Norm Diffusion“ (im Rahmen von ISA Annual Convention, 2013 in San Francisco). Zudem entstand in dem Themenbereich ein Aufsatz, der in einer englischsprachigen Zeitschrift erschien (Zimmermann, Lisbeth (2014): „Same Same or Different? Local reactions to democracy promotion between take-over and appropriation“, in: International Studies Perspectives, 1-19), sowie zwei deutschsprachige Zeitschriftenartikel (Zimmermann, Lisbeth (2009): „Wann beginnt der (Demokratische) Frieden? Regimewechsel, Instabilitäten, Integration und deren Einfluss auf den Konflikt zwischen Ecuador und Peru“, in: Zeitschrift für Internationale Beziehungen, 16(1), 39-73; Deitelhoff, Nicole/Zimmermann, Lisbeth (2013): „Aus dem Herzen der Finsternis: Kritisches Lesen und wirkliches Zuhören der konstruktivistischen Normenforschung. Eine Replik auf Stephan Engelkamp, Katharina Glaab und Judith Renner“, in: Zeitschrift für Internationale Beziehungen 20(1), 61-74). Die Promotion erfolgte 2012 mit Auszeichnung und ist erschienen als: Zimmermann, Lisbeth (2017): Global Norms with a Local Face. Rule-of-Law Promotion and Norm Translation (Reihe: Cambridge Studies in International Relations), Cambridge: Cambridge University Press.
Linda Wallbott beschäftigte sich im Rahmen ihres Projekts mit der Frage, wie Gerechtigkeitsansprüche in internationalen Verhandlungen konstruiert werden und welche Faktoren zu ihrer Wirkmächtigkeit beitragen. Unter diesem Aspekt betrachtete sie die Verhandlungsprozesse zahlreicher internationaler Regime, insbesondere des internationalen Klima- und Biodiversitätsregimes. Ihr Forschungsprojekt untersuchte dabei, inwieweit nicht bloß materielle Unterschiede nominell gleichgestellter Verhandlungspartner/innen Einfluss auf ihre normative Wirkmächtigkeit haben, sondern auch nicht-materielle und sozio-psychologische Faktoren eine Rolle spielen. Ergebnisse ihres Forschungsprojekts wurden veröffentlicht als: Deitelhoff, Nicole/Wallbott, Linda (2012): „Beyond soft balancing. Small states and coalition building in the ICC and Climate negotiations”. Cambridge Review of International Affairs 25(3), 345-366.; Wallbott, Linda, (2012) „Political in Nature: The Conflict-fuelling Character of International Climate Policies”, in: Jürgen Scheffran/Michael Brzoska/Hans Günter Brauch/Peter Michael Link/Janpeter Schilling (Hg.), Climate Change, Human Security and Violent Conflict. Challenges for Societal Stability, Hexagon Series on Human and Environmental Security and Peace, vol. 8, Berlin, Heidelberg, New York: Springer, 223-241.
Angela Marciniak widmete sich in ihrem Dissertationsprojekt der Problematik von Sicherheitskonzepten in der Geschichte des politischen Denkens. An ausgewählten Werken (Thomas Hobbes, Jeremy Bentham, Hans Joachim Morgenthau) rekonstruierte sie eine Ideengeschichte politischer Sicherheit und machte damit Sicherheit als politisches Konzept für die gegenwärtige normative politische Theorie nutz- und fruchtbar. Ziel dieser Analyse verschiedener Sicherheitskonzeptionen und -dimensionen war es dabei nicht nur zu einem tieferen Durchdringen des Konzeptes Sicherheit beizutragen, sondern aus der Kritik vorliegender Sicherheitskonzeptionen zudem eine dringende Öffnung von Diskursen zum Thema Sicherheit, eine Pluralisierung von Sicherheitsverständnissen sowie eine „Demokratisierung“ derselben abzuleiten. Die Dissertation ist erschienen als: Marciniak, Angela (2015) Politische Sicherheit: Zur Geschichte eines umstrittenen Konzepts, Frankfurt a.M./New York: Campus.
Friedrich Arndt untersuchte in seiner Promotionsarbeit das Verhältnis von Demokratie, demokratischer Praxis und Macht. Er analysierte verschiedene Traditionen des demokratischen Denkens aus einer macht- und sozialtheoretischen Perspektive und entwickelte auf diesen Einsichten aufbauend Elemente einer Sozialtheorie des „Demokratischen“. In diesem Kontext untersuchte er insbesondere die gesellschaftliche Konstruktion von Umwelt im Kontext internationaler Umweltpolitik (Arndt, Friedrich (2009): „The Politics of Socionatures. Images of Environmental Foreign Policy“, in: Paul G. Harris (Hg.): Environmental Change and Foreign Policy: Theory and Practice, London: Routledge, S. 74-89), sowie die Demokratisierung von Wissen in der globalen Klimapolitik (Arndt, Friedrich/Mayer, Maximilian (2012): „Demokratisierung von Wissen und transnationale Demokratie in der globalen Klimapolitik“, in: Melanie Morisse-Schilbach/Jost Halfmann (Hg.): Wissen, Wissenschaft und Global Commons. Baden-Baden: Nomos, 179-207). Zudem beschäftigte er sich mit poststrukturalistischen Ansätzen zur Steuerung durch diskursive Praktiken (Arndt, Friedrich/Richter, Anna (2009): „Weiche Steuerung durch diskursive Praktiken“, in: Gerhard Göhler/Ulrike Höppner/Sybille de la Rosa (Hg), Weiche Steuerung. Studien zur Steuerung durch diskursive Praktiken, Argumente und Symbole, Baden-Baden: Nomos, 27-73), sowie den Möglichkeiten eines zeitgemäßen Subjektverständnisses (Arndt, Friedrich (2009): „Wer hat Angst vorm anthropinon? Poststrukturalistisches Subjektverständnis nach Ernesto Laclau“, in: Dirk Jörke/Bernd Ladwig (Hg.), Politische Anthropologie. Geschichte – Gegenwart – Möglichkeiten, Baden-Baden: Nomos, 149-164). Die Dissertation ist erschienen als: Arndt, Friedrich (2013): Modi des Demokratischen. Zum Verhältnis von Macht und Demokratie, Nomos: Baden-Baden.
Ayelet Banai formulierte in ihren Arbeiten eine egalitäre Konzeption eines Rechts auf Selbstbestimmung. Ausgehend von diesem zentralen Anspruch demokratischen Denkens und Handelns entwickelte sie eine Konzeption internationaler Gerechtigkeit, die sich sowohl von staatszentrierten als auch von kosmopolitischen Konzeptionen abgrenzt. Die Ergebnisse dieser Arbeit stellen eine Anwendung dieser Konzeption auf verschiedene Aspekte gegenwärtiger Gerechtigkeitsdebatten dar, u.a. dargelegt in: Banai, Ayelet (2012): „Kosmopolitismus und das Problem politischer Zugehörigkeit“, in: Niesen, Peter (Hg.), Transnationale Gerechtigkeit und Demokratie (Normative Orders Bd. 6), Frankfurt a.M./New York: Campus, 77-102; Banai, Ayelet/Ronzoni, Miriam/Schemmel, Christian (2011): „Global Social Justice: The Possibility of Social Justice in a World of Overlapping Practices“, in: Banai, Ayelet/Ronzoni, Miriam/Schemmel, Christian (Hg.), Social Justice, Global Dynamics, London: Routledge, 46-60). Im Rahmen des Projekts war sie zudem an der Organisation und Durchführung zahlreicher Workshops beteiligt. Exemplarisch zu nennen ist hier „Global Justice, Politics, Morality“, TU Darmstadt 12.12.2008 mit Andrea Sangiovanni, zu dem sie zudem einen Kommentar verfasste („Coercion, Reciprocity and the Difference Principle“). Ayelet Banai wurde im Februar 2010 an der University of Oxford promoviert mit der Arbeit "Drawing Boundaries: Nations, States and Self-Determination".