Wie die „Traumfabrik“ auch Normen produziert

 

Vorlesungsreihe zur „Narration und Rechtfertigung im Kino“ startet am 20. Oktober mit einer Einführung des Philosophen Martin Seel

Pressemitteilung

13. Oktober 2011

FRANKFURT. Eine besondere Sicht auf das Kino präsentiert in diesem Wintersemester der Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ der Goethe-Universität. Auf dem Programm stehen unter anderem „To Be or Not to Be“ von Ernst Lubitsch, „Inglourious Basterds“ von Quentin Tarantino, „The Man Who Shot Liberty Valance“ von John Ford und „Minority Report“ von Steven Spielberg – oder genauer gesagt: die Analyse bestimmter Aspekte dieser Filme. Die Vorlesungsreihe mit Beispielsequenzen unter dem Titel „Narration und Rechtfertigung im Kino“ beginnt am 20. Oktober und umfasst insgesamt 15 Termine. Organisatoren sind Jochen Schuff und Prof. Martin Seel vom Institut für Philosophie. Bürgerinnen und Bürger sind als Zuhörer herzlich willkommen.

US-Politikern wird manchmal vorgeworfen, dass sie sich wie Cowboys in Wildwestfilmen verhielten – unbeugsame Helden, die wenig zimperlich für ihr ganz eigenes Verständnis von Freiheit und Gerechtigkeit kämpften. Und der Western generell gilt als eine Art Gründungsmythos der Vereinigten Staaten. Auch diese Beispiele zeigen: Filmische Erzählungen können Muster transportieren, mit denen die Realität gedeutet und begründet wird. Sie enthalten Dimensionen dessen, was der Cluster mit einem seiner zentralen Forschungsbegriffe als „Rechtfertigungsnarrative“ bezeichnet, als Erzählungen, die sich zu Legitimationen sozialer Strukturen und Institutionen verdichten. Ethisch und politisch wirksame Rechtfertigungsmuster sind häufig in historische, mythische oder künstlerische Erzählungen eingebettet. Denn gerade in dieser Umgebung scheinen die rechtfertigenden Gründe ein besonders starkes moralisches oder politisches Gewicht zu entwickeln.

Das Kino hat dabei seine ganz eigenen Stärken: Mehr als andere Erzählformen kann der Film die Situationen, durch die er führt, von innen heraus entfalten und in besonderer Intensität aus der Perspektive der Beteiligten präsentieren. Am Beispiel des gegenwärtigen Kinos untersucht ein Cluster-Forschungsprojekt unter der Leitung von Martin Seel, wie in fiktionalen und dokumentarischen Filmen Vorstellungen von Recht und Unrecht tradiert, etabliert oder erschüttert werden. Die Vorlesungsreihe öffnet sich den Traditionen des Kinos und widmet sich den Zusammenhängen von Erzählen und Rechtfertigen in seinen unterschiedlichen Epochen und Genres. Am Beispiel eines Films ihrer Wahl werden die Vortragenden erörtern, ob und wie filmische Erzählungen auf ihre Weise zur Legitimation oder Delegitimation normativer Einstellungen und Ordnungen beitragen – oder doch zumindest beitragen können. Das disziplinäre Spektrum umfasst Philosophie, Film- und Medienwissenschaften, Kunstgeschichte, Kultur- und Rechtswissenschaften.

Zunächst führt Martin Seel zum Auftakt am 20. Oktober in die Thematik der Vorlesungsreihe ein. Die Veranstaltungen beginnen jeweils donnerstags um 16 Uhr c.t. in Hörsaal HZ 9 im Hörsaalzentrum auf dem Campus Westend. Eine Ausnahme bildet der Vortrag von Prof. Robert Pippin am Montag, 28. November um 18 Uhr c.t. Er findet in Hörsaal HZ 6 des Hörsaalzentrums statt.

Programm: www.normativeorders.net/kino

Informationen: Jochen Schuff, Institut für Philosophie, Campus Westend, Tel: (069) 798-32772, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!


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