Projektleiterin: Prof. Dr. Susanne Schröter
Bei dem Forschungsprojekt handelte es sich um eine ethnographische Studie über Muslime, denen Gott, wie es in einem Koranvers heißt, näher ist als ihre eigene Halsschlagader. Es sind Menschen, die sich in besonderem Maß ihrer Religion widmen, ihre Freizeit in Moscheegemeinschaften und sufistischen Orden verbringen und die versuchen die Gebote Gottes im deutschen Alltag einzuhalten. Über dieses konservativ-fromme Segment des deutschen Islams, das in quantitativen Erhebungen als fundamentalistisch, teilweise auch als demokratiefern problematisiert wird, existiert nahezu kein verlässliches Wissen.
Das Projekt untersuchte sowohl die Normen und Werte als auch alltägliches Handeln und die Vielfältigkeit von Lebensstilen frommer Muslime Im Fokus standen soziale Dynamiken und konfliktive Prozesse innerhalb der muslimischen Gemeinschaften, aber auch Interaktionen zwischen Muslimen und Nichtmuslimen. Ziel der Studie war die Generierung von Wissen jenseits statistischer Zahlenwerke, um muslimische Kulturen sichtbar und nachvollziehbar zu machen.
Zu diesem Zweck wurden seit Oktober 2011 ethnographische Forschungen in 15 Gemeinden und Organisationen durchgeführt. Das Projekt stützte sich auf teilnehmende Untersuchungen der Forschungsleiterin an Festen, Diskussionsveranstaltungen und Aktivitäten im Rahmen des Freitagsgebetes, sowie leitfragengestützte Interviews, Fokusgruppendiskussionen und informelle Gespräche mit 131 Personen aus muslimischen Gemeinschaften, mit Angehörigen kommunaler Einrichtungen, der Polizei und des Verfassungsschutzes, mit Schulleiter/innen und Lehrer/innen, Pfarrern und Pfarrerinnen und der Leiterin der JVA.
Die durchgeführte Studie arbeitete dabei teils bekannte Problembereiche auf, thematisierte aber auch darüber hinaus auch Felder, die bislang nicht im Zentrum der wissenschaftlichen und öffentlichen Aufmerksamkeit standen. So konnte das Projekt insgesamt zu einem komplexen Gesamtbild beitragen.
Zu den Publikationen des Forschungsprojektes zählen: Schröter, Susanne (2016): Gott näher sein als seiner eigenen Halsschlagader. Muslime in Wiesbaden, Frankfurt/New York: Campus und Schröter, Susanne (2016): „Debating salafism, traditionalism and liberalism. Muslims and the state in Germany”, in: Ennaji, Moha, (Hg.): New horizons of Muslim diaspora, Basingstoke, Hampshire: Palgrave MacMillan, 203–228.
Im Forschungsprojekt wurde eine Veranstaltungsreihe „Ehre und Islam“ zusammen mit der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung und dem Verein für Integration, Kultur, Gender- und Generationenforschung in der Hessischen Landeszentrale für Politische Bildung, Wiesbaden geplant und durchgeführt, darunter die drei Einzelveranstaltungen: „Viel Feind, viel Ehr. Männer, Islam, Ehre“ am 5.10.2011; „Die Ehre der Frau heißt Unschuld. Frauen, Islam, Ehre“, am 1.11.2011; „Ehre, wem Ehre gebührt. Interkulturelle Dimensionen von Ehre“, am 1.12.2011. Außerdem fanden statt: „Dem Vorbild des Propheten folgen. Genderdiskurse muslimischer Frauen in Deutschland“, Vortrag von Susanne Schröter am 5.11.2012 im Rahmen der Ringvorlesung „Gendergraphien. Perspektiven der Geschlechterforschung auf Körper - Wissen - Praxis“ an der LMU und „Moralische Verunsicherungen. Diskussionen mit jungen muslimischen Männern über Sexualität und Ehre“, Vortrag von Susanne Schröter am 5.5.2012 auf der Tagung „Religion und Migration. Welche Werte braucht die Gesellschaft?“ in der Evangelischen Stadtakademie Frankfurt am Main.