Jahreskonferenzen
Smart Orders and/or Democracy?
Internationale Jahreskonferenz des Forschungsverbundes „Normative Orders“
Donnerstag, 5. Dezember 2019
Gebäude "Normative Ordnungen", EG 01 + 02
Campus Westend
Goethe-Universität Frankfurt am Main
Eine Anmeldung bis zum 27. November 2019 ist erforderlich an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.
Programm (pdf): Hier...
Programm
14:30 Uhr – 14:45 Uhr
Begrüßung
Prof. Dr. Rainer Forst (Co-Sprecher des Forschungsverbunds „Die Herausbildung normativer Ordnungen” an der Goethe-Universität Frankfurt am Main)
Prof. Dr. Klaus Günther (Co-Sprecher des Forschungsverbunds „Die Herausbildung normativer Ordnungen” an der Goethe-Universität Frankfurt am Main)
14:45 Uhr – 15:20 Uhr
Lecture I – Von normativen zu smarten Ordnungen?
Prof. Dr. Klaus Günther (Professor für Rechtstheorie, Strafrecht und Strafprozessrecht an der Goethe-Universität Frankfurt am Main und Co-Sprecher des Forschungsverbunds „Die Herausbildung normativer Ordnungen”)
Kommentar:
Prof. Dr. Beatrice Brunhöber (Professorin für Strafrecht, Strafprozessrecht, Rechtsphilosophie und Rechtsvergleichung und Mitglied des Forschungsverbunds „Die Herausbildung normativer Ordnungen”)
Moderation:
Rebecca Caroline Schmidt (Geschäftsführerin des Forschungsverbunds "Normative Ordnungen" der Goethe-Universität Frankfurt am Main)
Anschließende Diskussion
Video:
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16:30 Uhr - 17:00 Uhr
Pause
17:00 Uhr - 19:00 Uhr
Lecture II – Reflections on Hannah Arendt's contemporary Relevance
Prof. Richard J. Bernstein (Vera List Professor of Philosophy in the Philosophy Department at the New School for Social Research)
Moderation: Prof. Dr. Rainer Forst (Co-Sprecher des Forschungsverbunds „Die Herausbildung normativer Ordnungen” an der Goethe-Universität Frankfurt am Main)
Anschließende Diskussion
Video:
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Veranstalter:
Forschungsverbund „Die Herausbildung normativer Ordnungen” der Goethe-Universität Frankfurt am Main
Vorangegangene Jahreskonferenzen: Hier...
Panel III – Gewalt, Kultur und Politik in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche
Internationale Jahreskonferenz “Revolution, Reaktion, Restauration: Umbrüche normativer Ordnungen"
Freitag, 23. November 2018, 13:00 Uhr – 15:00 Uhr
Goethe-Universität Frankfurt am Main, Campus Westend
Max-Horkheimer-Str. 2
Gebäude "Normative Ordnungen", EG 01 und EG 02
Revolutionen zielen gleichermaßen auf die Umwälzung politischer als auch sozialer und häufig sogar kultureller Ordnungen. Die beteiligten Akteure geben stets an, für eine gerechtere Welt einzutreten. Was darunter verstanden wird, unterscheidet sich in den historisch dokumentierten Fällen fundamental. Während es in der französischen Revolution um eine weltliche Idee von Brüderlichkeit ging, die auf den Prinzipien der politischen Gleichheit aller Bürger basierte, stand bei islamistischen Modellen die Gerechtigkeit einer gottgewollten Ordnung im Zentrum, die durchaus fundamentale Ungleichheiten innerhalb der Gemeinschaft der Gläubigen einschloss. Ein Problem gesellschaftlicher Veränderungen ist die Rechtfertigung von Gewalt und Menschenrechtsverletzungen, die besonders bei revolutionären politischen Umwälzungen als unvermeidliche Effekte auftreten. Nach Phasen der Restauration stellt die Traumatisierung vonTätern und Opfern eine Herausforderung dar, die durch spezifische Erinnerungspolitiken bearbeitet werden. Gewalt ist aber auch ein Aspekt reaktiver Dynamiken, in denen gerade gegenwärtig fremdenfeindliche und rassistische Muster zum Tragen kommen. In allen Fällen, die in dem Panel behandelt werden, werden kulturelle und politische Hegemonien herausgefordert und mit alternativen Konzepten normativer Ordnungen konfrontiert.
Moderation: Hakim Khatib
CV
Hakim Khatib ist wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Frankfurter Forschungszentrum Globaler Islam am Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“. Seine aktuelle Forschung konzentriert sich auf vom Islam inspirierte politische Ideologien wie islamistischen Extremismus und Salafismus, Radikalisierungs- und Deradikalisierungsprozesse in Deutschland sowie Frieden und Konflikt im Nahen Osten. Khatib studierte Politikwissenschaften des Nahen und Mittleren Osten, Sozial- und Kulturwissenschaften und Sprachwissenschaften sowie Journalismus in Syrien, Großbritannien und Deutschland. Seit 2011 lehrt er an unterschiedlichen hessischen Universitäten Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt Ideologie und Macht in der sozio-politischen Landschaft, Religion und ihre Beziehung zur zeitgenössischen Politik in Westasien und Nordafrika. Seit 2014 ist er Chefredakteur des Online-Journals Mashreq Politics & Culture Journal und hat zahlreiche Artikel in verschiedenen Sprachen in einem breit gefächerten Spektrum von Online- und Printmedien sowie Think Tanks veröffentlicht.
Vortrag 1
Prof. Dr. Gudrun Gersmann
Terror, Tod, Trauer, Trauma: Die Auseinandersetzung um die Französische Revolution in der Restauration
Abstract
In einem Interview aus dem Jahre 2015 hat Emmanuel Macron, heute französischer Staatspräsident, damals noch Wirtschaftsminister, ein in seinem Land seit der Hinrichtung Königs Ludwig XVI. im Januar 1793 existierendes Defizit konstatiert. Die revolutionäre Terreur habe, so Macron, eine „emotionale“ und „imaginäre“ Leere verursacht, von der sich Frankreich seither nie wirklich erholt habe. Die durch diese pointierte Aussage ausgelöste Mediendiskussion zeigt, dass der „Königsmord“ des Jahres 1793 bis heute unverändert ein aktuelles Thema der französischen Politik darstellt. Dies galt erst recht für die frühe Phase der Restauration, als sich nach der Rückkehr der Bourbonen in den Jahren ab 1814 bzw. 1815 „Täter“ und „Opfer“ direkt einander gegenüberstanden und offiziell über die Frage nach der kollektiven Schuld der Franzosen am Tod des Königs und der „Entgleisung“ der Revolution debattiert wurde. Der Vortrag rekonstruiert am Beispiel der ambivalenten „Erinnerungspolitik“ der Restauration, wie die französische Gesellschaft des frühen 19. Jahrhunderts die Erfahrungen der Französischen Revolution zu verarbeiten versuchte.
CV
Gudrun Gersmann studierte Geschichte, Romanistik und Germanistik in Bochum, Genf und Paris. Promotion 1991 mit einer Studie über Zensur- und Untergrundbuchhandel im Paris des späten 18. Jahrhunderts an der Ruhr-Universität Bochum (Literaturpreis des Gleimhauses in Halberstadt 1997), Habilitation an der LMU München im Jahre 2000 mit einer Studie zu „Wasserproben und Hexenprozesse im frühneuzeitlichen Fürstbistum Münster“. Anfang 2002 Berufung auf die mit der Leitung des Hochschularchivs verbundene Professur für die Geschichte der Frühen Neuzeit an der RWTH Aachen, 2004 Ruf auf den Lehrstuhl für die Geschichte der Frühen Neuzeit an der Universität zu Köln, 2007 Ruf auf die Stelle der Direktorin des Deutschen Historischen Instituts in Paris. Nach fünfjähriger Beurlaubung in Köln für die Pariser Tätigkeit Rückkehr im Oktober 2012 auf den Kölner Lehrstuhl. Von Oktober 2013 bis März 2015 war Gudrun Gersmann Prodekanin der Philosophischen Fakultät der Universität zu Köln für Planung und akademische Karriere, von April 2015 bis April 2017 Prorektorin für Internationales. 2017 wurde sie von Staatspräsident Francois Hollande in die französische Ehrenlegion aufgenommen.
Vortrag 2
Prof. Dr. Susanne Schröter
Islamische Revolutionen – Die Beispiele Syrien und Irak 2014 und Iran 1979
Abstract
Am 29. Juni 2014 wurde in Teilen Syriens und des Iraks ein „Islamischer Staat“ ausgerufen und der Milizenführer Abu Bakr al-Bagdhadi ernannte sich selbst zum Kalifen. Kurz zuvor hatte sein Verband die Millionenstadt Mossul erobert. Die große Unterstützung innerhalb der sunnitischen Bevölkerung machte es möglich, dass der dschihadstischen Gruppe, deren Vorläufer lediglich als Akteure eines Gewaltmarktes bekannt waren, eine vollständige Umwälzung der Gesellschaft gelang. Die islamische Revolution des IS beinhaltete nach der Konstituierung des Islamischen protostaatlicher Strukturen und die territoriale Ausdehnung mit militärischen Mitteln. Ziel war die Mobilisierung von Muslimen angrenzender Regionen für das eigene Projekt und die Ausbreitung der Revolution. Die Idee einer gern als „islamisches Erwachen“ bezeichneten Erhebung von Muslimen gehört nicht nur zur politischen Agenda sunnitischer Revolutionäre, sondern auch zur Staatsdoktrin der islamischen Republik Iran. Diese basierte historisch auf einer anderen Form von Revolution, nämlich auf einer breiten sozialen Bewegung, die keineswegs mehrheitlich die Etablierung einer islamischen normativen Ordnung zum Ziel hatte. Wie im Irak waren ein charismatischer religiöser Führer – in diesem Fall der aus dem Pariser Exil zurückgekehrte Ayatollah Khomeini – und soziale Besonderheiten ausschlaggebend für den Erfolg der Etablierung eines islamischen Staates. Das Moment der fortlaufenden Revolution oder auch eines Revolutionsexportes ist für den Iran ebenfalls konstitutiv. Der Vortrag vergleicht die Verläufe und die kulturellen, politischen und religiösen Konzepte, die bei den beiden Revolutionen zum Tragen kamen.
CV
Susanne Schröter ist Professorin für Ethnologie kolonialer und postkolonialer Ordnungen an der Goethe-Universität Frankfurt, Principal Investigator im Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“, Vorstandsmitglied des „Deutschen Orient-Instituts“, Mitglied der „Hessischen Integrationskonferenz“ und des „Hessischen Präventionsnetzwerk gegen Salafismus“. Sie ist im wissenschaftlichen Beirat des „Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft“ (IDZ), Mitglied der „Polytechnischen Gesellschaft“ und Senatsmitglied der „Deutschen Nationalstiftung“. Im November 2014 gründete sie das „Frankfurter Forschungszentrum Globaler Islam“ (FFGI), das sie seitdem leitet. Ihre Forschungsschwerpunkte sind: Islamismus und Dschihadismus; progressiver und liberaler Islam; Frauenbewegungen in der islamischen Welt. Kürzlich erschienene Publikationen: „Religiöse Rechtfertigungen des Dschihadismus“, in: Schellhöh, Jennifer u.a., Hg.: Großerzählungen des Extremen. Neue Rechte, Populismus, Islamismus, War on Terror (Bielefeld: Transcript 2018); „Islamischer Fundamentalismus“, in: Zentralrat der Juden in Deutschland, Hg.: Jüdische Bildungslandschaften (Berlin: Hentrich & Hentrich 2018); „Gender Clash in der Einwanderungsgesellschaft? Debatten um Rassismus, Sexismus und Kultur nach den Ereignissen der Silvesternacht 2015 / 16“, in: Schröter, Susanne, Hg.: Normenkonflikte in pluralistischen Gesellschaften (Frankfurt: Campus 2017); „Islamic feminism. National and transnational dimensions”, in: Cesari, Jocelyne, Hg.: Islam, gender and democracy (Oxford: Oxford University
Press 2017).
Vortrag 3
Dr. Jason Mast
Cultural Codes in Brexit and the 2016 US Presidential Election
Abstract
In 2016, Americans elected a candidate who advocated withdrawing from international agreements, building legal and physical barriers to immigration, and removing foreign nationals from American soil. In his campaign, candidate Trump destabilized culture structures that had served as the boundaries of legitimate political and civil discourse in the US. Also in 2016, citizens of the UK voted to withdrawal from the EU. A prominent feature of the Leave campaign was its racial and xenophobic discourse and imagery. Its most ardent supporters were those with the greatest social and geographical distance from immigrant communities. These events (and recent others) evidenced swells of populism, ethnonationalism, and isolationism, and unsettled the multicultural, globalist, and neoliberal trajectories that many had assumed were durable and determined. Two pressing concerns of political analysts are identifying “culture structures” that control, anchor, and organize other elements in civil discourse, and determining the degree to which these structures are shifting and fragmenting. Having examined the foundational cultural codes and justification narratives in these events, I discuss what my findings portend for contemporary democratic normative orders.
CV
Jason Mast is a postdoctoral research fellow at the Cluster of Excellence “The Formation of Normative Orders,” Goethe University Frankfurt. Mast earned his PhD in sociology from the University of California, Los Angeles. He accepted a dissertation writing fellowship from Yale University. An early formulation of his PhD thesis was awarded the Best Graduate Student Paper prize by the Sociology of Culture section of the American Sociological Association. His dissertation, The Performative Presidency: Crisis and Resurrection During the Clinton Years (Cambridge University Press), was named a Choice Awards Outstanding Academic Title of 2013. Currently, Mast has an article forthcoming in the American Journal of Cultural Sociology in which he critiques cognitive neuroscientific interventions in the social sciences. He has a co-edited volume, Politics of Meaning / Meaning of Politics: Cultural Sociology of the 2016 US Presidential Election (Palgrave Macmillan), coming out in autumn 2018. And he is writing a monograph on the US 2016 election, tentatively titled, The Making of the Trump Presidency: Truthful Hyperbole and Troubled Legitimacies
(University of Chicago Press).
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Veranstalter:
Exzellenzcluster "Die Herausbildung normativer Ordnungen"
Keynote: Democracy and Disrespect
Internationale Jahreskonferenz “Revolution, Reaktion, Restauration: Umbrüche normativer Ordnungen"
Donnerstag, 22. November 2018, 17 Uhr
Goethe-Universität Frankfurt am Main, Campus Westend
Max-Horkheimer-Str. 2
Gebäude "Normative Ordnungen", EG 01 und EG 02
There are many diagnoses of a crisis of democracy today. The talk will critically examine some of them, and then focus on one in particular: the notion that a ‘populist wave’ — that is said to be deeply damaging for democracy — is caused in part by an increasing number of citizens feeling ‘disrespected.’ The talk will ask whether that claim is empirically correct; it will also ask what role, normatively, respect should play in a democracy, and whether there might be a legitimate place for disrespect in political conflict.
Prof. Dr. Jan-Werner Müller (Princeton University)
CV
Jan-Werner Müller is a professor of politics at Princeton University, where he also founded the Project in the History of Political Thought. His publications include What is Populism? (Penguin), which has been translated into 25 languages, Contesting Democracy: Political Ideas in Twentieth-Century Europe (Yale UP), and Constitutional Patriotism (Princeton UP). He is currently at work on a book about architecture and democracy.
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Veranstalter:
Exzellenzcluster "Die Herausbildung normativer Ordnungen"
Panel II – Die Revolution und das Volk
Internationale Jahreskonferenz “Revolution, Reaktion, Restauration: Umbrüche normativer Ordnungen"
Freitag, 23. November 2018, 10:00 Uhr – 12:00 Uhr
Goethe-Universität Frankfurt am Main, Campus Westend
Max-Horkheimer-Str. 2
Gebäude "Normative Ordnungen", EG 01 und EG 02
Die Demokratie als System beruht auf einer grundlegenden Paradoxie: Das Volk existiert in ihr nur als verfasstes Subjekt. Doch die Möglichkeit der Verfassung selbst basiert auf der Existenz des Volkes. Das demokratische Volk ist der Verfassung vorgängig, obwohl die Verfassung das Volk der Demokratie überhaupt erst hervorbringt. Das Volk existiert also nicht ohne Verfassung. Doch es kann nicht in seiner verfassten Form aufgehen. Seine politische Existenz als demokratisches Subjekt verweist auf seine Existenz innerhalb wie außerhalb der politisch verfassten Formen.
Seit den demokratischen Revolutionen der Moderne kann die Einheit von Souverän, Staat und Volk nicht mehr durch den Körper des Monarchen hergestellt werden. Die Frage, wer das Volk ist und wer es repräsentiert, bleibt in Demokratien grundlegend unterbestimmt und umstritten. Und die radikale und potentiell gewalttätige Transformation ihrer jeweiligen Form bleibt eine stets drohende Möglichkeit. Die Demokratie wird somit von ihrem Anderen und Außen heimgesucht und bedroht: dem Vordemokratischen und dem Antidemokratischen.
Das Panel analysiert diese Heimsuchungen der Demokratie entlang der Fragen nach den Möglichkeiten und der normativen Zulässigkeit der Revolution und nach den Formen und Ursachen des gegenwärtig erstarkenden Populismus.
Moderation: Prof. Dr. Martin Saar
CV
Martin Saar ist seit 1.10.2017 Professor für Sozialphilosophie am Institut für Philosophie der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Er ist Principal Investigator des Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ und Mitglied des Kollegiums des Instituts für Sozialforschung. Von 2014 bis 2017 war er Professor für politische Theorie an der Universität Leipzig. Studium der Philosophie, Psychologie und Volkswirtschaftslehre an der FU Berlin und New School for Social Research. Von 2000 bis 2004 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Philosophie, von 2004 bis 2011 wissenschaftlicher Assistent am Institut für Politikwissenschaft in Frankfurt. Vertretungsprofessuren in Berlin, Bremen, Frankfurt und Hamburg. Gast- und Forschungsaufenthalte an der New School for Social Research. Wichtigste Publikationen: Genealogie als Kritik. Geschichte und Theorie des Subjekts nach Nietzsche und Foucault, Frankfurt / M. / New York 2007: Campus (Reihe Theorie und Gesellschaft, Band 59); Die Immanenz der Macht. Politische Theorie nach Spinoza, Berlin 2013: Suhrkamp.
Vortrag 1
Prof. Dr. Dirk Jörke
Populismus – oder das Ende des liberalen Zeitalters
Abstract
Der Aufstieg vor allem rechtspopulistischer Parteien und Bewegungen in den westlichen Demokratien hat nicht nur zu einer wachsenden Instabilität dieser Systeme, sondern auch zu einer intensiven Debatte in den Sozialwissenschaften geführt. Gestritten wird vornehmlich über das Verhältnis von Populismus und Demokratie und die Ursachen der gegenwärtigen populistischen Revolte. Die Debatte wurde und wird vornehmlich mit dem begrifflich-normativen Arsenal des politischen Liberalismus geführt, wie in einem ersten Schritt gezeigt werden soll. Diese Herangehensweise besitzt jedoch spezifische blinde Flecken, zu ihnen zählen insbesondere eine stark individualistische Freiheitskonzeption und eine Vernachlässigung sozio-ökonomischer Spaltungslinien. Diese blinden Flecken verhindern nicht nur ein angemessenes Verständnis der populistischen Revolte, sie führen auch zu einer Verschärfung der existierenden gesellschaftlichen Spaltungen, worauf in einem zweiten Schritt einzugehen ist. Abschließend soll eine nichtliberalistische Deutung des Populismus skizziert werden, die sich auf marxistische Denkmotive stützt. Dazu gehört auch die Einsicht, dass wir gerade einen Epochenumbruch erleben.
CV
Dirk Jörke studierte Politikwissenschaft, Soziologie, Philosophie und Geschichte in Kiel und Hamburg. 2003 wurde er an der Universität Greifswald mit einer Arbeit über Demokratie als Erfahrung. John Dewey und die politische Philosophie der Gegenwart promoviert, 2009 erfolgte dort die Habilitation (Kritik demokratischer Praxis. Eine ideengeschichtliche Studie). Von 2009 bis 2014 war er Heisenberg-Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Seit April 2014 ist er Professor für Politische Theorie und Ideengeschichte an der Technischen Universität Darmstadt. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören Demokratietheorie, USamerikanischer Pragmatismus und politisches Denken des 18. Jahrhunderts. Jüngste Buchveröffentlichung, zusammen mit Veith Selk: Theorie des Populismus. Zur Einführung (Junius 2017). Aktuell arbeitet er an einem Buchmanuskript mit dem Titel Die Größe der Demokratie.
Vortrag 2
Prof. Dr. Christoph Menke
Die Möglichkeit der Revolution
Abstract
Was macht eine Revolution möglich? Der Vortrag versteht diese Frage als die Frage nach dem Subjekt, das fähig ist, eine Revolution zu machen. Jeder Versuch, diese Frage zu beantworten, ist mit einer Aporie konfrontiert: Das Subjekt der Revolution kann weder mit seiner geschichtlich hervorgebrachten sozialen Form identifiziert werden, noch kann es ein Subjekt „als solches“ sein, als eine Macht der Negativität vorgängig zu Geschichte und Gesellschaft. Der Vortrag schlägt vor, einen Ausweg aus dieser Aporie in der Idee einer transzendentalen Wendung der Subjektivität zu finden: Die Revolution ist der transzendentale Gebrauch der historisch angeeigneten und gesellschaftlich geformten Möglichkeiten des Subjekts. Die Möglichkeit der Revolution besteht in der Revolutionierung der Möglichkeiten (als Fähigkeiten).
CV
Christoph Menke ist Professor für Praktische Philosophie mit Schwerpunkt Politische Philosophie und Rechtsphilosophie an der Goethe-Universität und Principal Investigator des Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“. Studium der Philosophie und Germanistik in Heidelberg und Konstanz; Promotion 1987 Konstanz; Habilitation 1995 Berlin; von 1997-99 Associate Professor an der New School for Social Research, New York; von 1999-2008 Professor für Philosophie, Schwerpunkt Ethik und Ästhetik an der Universität Potsdam. Seit 2009 Professor für Philosophie an der Universität Frankfurt. Zu den wichtigsten Publikationen zählen: Die Souveränität der Kunst (1988); Tragödie im Sittlichen (1996); Spiegelungen der Gleichheit (2000, 2004); Die Gegenwart der Tragödie. Versuch über Urteil und Spiel (2005); Kraft. Ein Grundbegriff ästhetischer Anthropologie (2008); Recht und Gewalt (2011); Die Kraft der Kunst (2013); Kritik der Rechte (2015); Law and Violence. Christoph Menke in Dialogue (2018); Am Tag der Krise (2018); Autonomie und Befreiung (i.E.).
Vortrag 3
Dr. Sofie Møller
Hindsight and Foresight in Kant’s Opposition to Revolution
Abstract
Who can tell whether a civil war will result in a successful revolution, a restoration of an oppressive regime or in a continued stateless condition? In hindsight, we might see that a revolution has promoted political progress and social change but we cannot make this judgment before the events have unfolded. By distinguishing hindsight from foresight, Kant invites us to separate the judgment on what was achieved through a revolution from its legality and its moral permissibility. These considerations intertwine political and legal theory with a philosophy of history. Since the only legal form of coercion is performed by a people which is legally constituted, there can be no extralegal right to use coercion. Revolutions can still be effective in promoting political progress but do so by unleashing violence and lawlessness. Kant’s skepticism toward revolutions invites us to consider alternative methods of promoting political change. I argue that Kant’s forward-looking skepticism about revolutions encourages legal reform as an instrument of political change.
CV
Sofie Møller is a postdoctoral researcher at the Goethe University Frankfurt and the Cluster of Excellence ‘The Formation of Normative Orders’, where she works on legal and political philosophy in a Kantian framework. She studied philosophy and semiotics in Copenhagen, Berlin and Bologna and received her doctorate from the European University Institute in 2017. She was a visiting research scholar at Brown University and a fellow of the Danish Academy in Rome. At the Cluster of Excellence, she is researching the conception of social progress in a Kantian framework and she has published with the European Journal of Political Theory and Kant Studien. She is author of the book Kant’s Tribunal of Reason. Legal structures of the Critique of Pure Reason, which is forthcoming with Cambridge University Press.
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Veranstalter:
Exzellenzcluster "Die Herausbildung normativer Ordnungen"
Panel I – Umbrüche internationaler Ordnungen
Internationale Jahreskonferenz “Revolution, Reaktion, Restauration: Umbrüche normativer Ordnungen"
Donnerstag, 22. November 2018, 14:15 Uhr – 16:15 Uhr
Goethe-Universität Frankfurt am Main, Campus Westend
Max-Horkheimer-Str. 2
Gebäude "Normative Ordnungen", EG 01 und EG 02
Internationale Ordnungen als Gefüge gewachsener Institutionen und Praktiken bilden sich über längere Zeit heraus. Ihre Unterminierung vollzieht sich hingegen deutlich schneller und unübersichtlicher, fast immer jedoch in einer Kombination transnationaler und zwischenstaatlicher Dynamiken. In diesem Panel stehen revolutionäre, reaktionäre und restaurative Herausforderungen internationaler Ordnungen im 19. Jahrhundert und in der Gegenwart im Zentrum der Diskussion. Dabei geht es zum einen um die Verschränkung geopolitischer strategischer Interessen zum Zwecke des Ausbaus hegemonialglobaler wie auch der Absicherung restaurativinnerstaatlicher Herrschaft Anfang des 19. Jahrhunderts durch die ,Pax Britannica‘. Aus einem völkerrechtlichen Blickwinkel werden zudem reaktionäre Angriffe auf internationale Institutionen im Lichte einer Auseinandersetzung mit Carl Schmitt ,Begriff des Politischen‘ sowie Angriffe auf die Autorität internationaler Gerichte am Beispiel des europäischen sowie interamerikanischen Menschrechtssystems untersucht.
Moderation: Prof. Dr. Gunther Hellmann
CV
Gunther Hellman ist Professor für Politikwissenschaft am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften und Principal Investigator am Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“. Seine Forschungsinteressen liegen auf den Gebieten der Theorie der internationalen Beziehungen, der Außenpolitikanalyse, insbesondere der deutschen und europäischen Außenpolitik, und der internationalen Sicherheit, insbesondere der transatlantischen und europäischen Sicherheit. Derzeit ist er Präsident des World International Studies Committee (WISC). Er ist einer der Herausgeber der Zeitschrift für Internationale Beziehungen ( ZIB ) und Mitglied des Vorstands des Aspen Institute Berlin. Er war Steven Muller Chair for German Studies am SAIS Bologna Center der Johns Hopkins University und Harris Distinguished Visiting Professor am Dartmouth College, Hannover, NH.
Vortrag 1
Prof. Dr. Benno Teschke
Revolution, Restoration & 19th Century International Ordering: Challenges for IR Theory
Abstract
The notion of revolution — ‘bourgeois revolution’ — is conventionally conceptualised within the methodological frameworks of either singlecountry studies or comparative history — only recently modified within the various sub-types of global history. This paper re-examines the nexus between revolution and restoration within the first half of the 19th Century by re-situating both phenomena within Europe’s geopolitics. The argument is that the post-Vienna Settlement ‘Concert System’ presents a specific adaptation of Britain’s dual ‘blue water’ grand strategy that was first developed after its 1688 ‘Glorious Revolution’ and successfully imposed on continental Europe in the uniquely pro-British Diktat of the Peace of Utrecht (1713). Rather than revolutionising ‘Europe’ in hegemonic fashion towards the institutionalisation of liberal constitutions and capitalist social relations in the 18th and 19th Centuries, the blue water strategy orchestrated Europe around British national security interests through power-balancing and the restoration of Old Regimes, while re-shaping its overseas commercial interests on the basis of mercantilist navalism and colonialism – ‘splendid isolation’ plus ‘ruling the waves’. The British Vienna Peace Plan, enjoined through coercive and skillful diplomacy, fortified British primacy throughout the 19th Century, leading to peculiar country-specific combinations of revolutions from below and above against repressive British geopolitical interests — ‘Pax Britannica’.
CV
Benno Teschke is a Professor in the Department of International Relations at the University of Sussex and Director of the Center of Advanced International Theory (CAIT). His research interests comprise critical IR Theory and the Historical Sociology of International Politics. He received his PhD from the IR Department at the London School of Economics and Political Science and was subsequently a post-doctoral fellow at the Center for Social Theory and Comparative History at the University of California, Los Angeles, and a Visiting Professor in 2013 / 14 in the Politics Department at Copenhagen University. Teschke is the author of The Myth of 1648: Class, Geopolitics and the Making of Modern International Relations (London / New York: Verso), which was awarded the Isaac Deutscher Memorial Prize in 2004. He published amongst others in IO, EJIR, International Theory, Millennium, International Affairs, Globalizations, and International Politics. More recently he wrote a series of critical interventions on Carl Schmitt in the New Left Review, International Theory and the Oxford Handbook of Carl Schmitt.
Vortrag 2
Prof. Dr. Armin von Bogdandy
Die partikularistische Reaktion gegen multilaterale Institutionen
Abstract
Der Vortrag erörtert die derzeitige nationalistische Reaktion gegen internationale Institutionen mittels einer Auseinandersetzung mit Carl Schmitts „Begriff des Politischen“. Vor der Kontrastfolie eines liberaldemokratischen Ansatzes legt er konzeptionelle Schwächen dieser Reaktion dar und skizziert mit dem analytischen Begriff der internationalen öffentlichen Gewalt sowie den normativen Begriffen der inklusiven Öffentlichkeit und des transnationalen Gemeinwohls eine Alternative. Zudem diskutiert er anhand der Kritik von Schmitts Text Kriterien öffentlichrechtlicher Theoriebildung, reflektiert also das Tagungsthema wissenschaftstheoretisch.
CV
Armin von Bogdandy ist Direktor am Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht und Professor für öffentliches Recht an der Universität Frankfurt am Main sowie Principal Investigator des Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“. Nach einem Jura- und Philosophiestudium wurde er 1988 in Freiburg promoviert und 1996 an der FU Berlin habilitiert. Er war Präsident des OECD-Kernenergiegerichts, Mitglied des Wissenschaftsrats sowie des wissenschaftlichen Komitees der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte. Er nahm Gastprofessuren unter anderem an der New York University School of Law, dem europäischen Hochschulinstitut, der Xiamen Academy of International Law und der Universidad Nacional Autónoma de México wahr. Ihm wurde der Leibniz-Preis, der Preis der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften für herausragende wissenschaftliche Leistungen, der Premio Internacional „Hector Fix Zamudio“ und der Gerichtshammer des interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte verliehen. Seine Forschungstätigkeit dreht sich um den Strukturwandel des öffentlichen Rechts: theoretisch, dogmatisch, praktisch. Zu den wichtigsten Publikationen jüngeren Datums zählen: In wessen Namen? Internationale Gerichte in Zeiten globalen Regierens. Suhrkamp, 2014 (mit Ingo Venzke); „Das Öffentliche im Völkerrecht im Lichte von Schmitts „Begriff des Politischen“. Zugleich ein Beitrag zur Theoriebildung im Öffentlichen Recht.“ In: ZaöRV 77 / 4, 877-906 (2017); From Public International to International Public Law: „Translating World Public Opinion into International Public Authority.“ In: European Journal of International Law, Issue Vol. 28 (2017) No. 1, 115-145 (gemeinsam mit Matthias Goldmann und Ingo Venzke).
Vortrag 3
Ximena Soley & Silvia Steininger
Human Rights Courts Under Pressure: Backlash and Resilience in the European and Inter-American Human Rights System
Abstract
The debate on backlash against international institutions, in particular international courts, is not short of empirical examples, creating the impression of a globe-spanning resistance against the norms, procedures, and institutions of global governance. While the last decades were characterized by an era of proliferation of international courts, the expansion of their functions, and their rising authority, today attacks against international courts occur with alarming frequency. International courts in the fields of human rights, international trade and investment, as well as criminal justice bear the brunt of those challenges. The exercise of authority by international courts is bound to trigger negative reactions from time to time. But how can we distinguish ordinary challenges from extraordinary ones? How should an international court react to democratic backsliding? What should it do about a threat of withdrawal? And, ultimately, how do human rights courts remain resilient in the face of these challenges? We shall map out those questions with respect to the European and inter-American human rights system.
CV Ximena Soley
Ximena Soley is a Research Fellow at the Max Planck Institute for Comparative Public Law and International Law, Heidelberg and a doctoral candidate at Goethe University, Frankfurt. She studied law at the University of Costa Rica and at the University of Geneva. Her research focuses on the inter-American system, particularly on socio-legal approaches to its human rights norms and institutions, as well as on transformative constitutionalism. She was also the managing editor of ‘Transformative Constitutionalism in Latin America’ published in 2017 by Oxford University Press.
CV Silvia Steininger
Silvia Steininger is a Research Fellow at the Max Planck Institute for Comparative Public Law and International Law. She holds graduate degrees in public international law from the University of Amsterdam (LL.M.) and in political science from the University of Heidelberg (M.A.). Her research interests lie in the interdisciplinary, theoretical and empirical analysis of the structures, institutions, and norms of international decisionmaking, in particular in the areas of human rights and international economic law. In her thesis, she analyzes challenges to the authority of international courts. At the MPIL, she is currently project manager of the International Public Authority project and convener of the discussion group on political and legal theory.
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Veranstalter:
Exzellenzcluster "Die Herausbildung normativer Ordnungen"