Frankfurter Stadtgespräch XVI
Der Gefühlshaushalt des Kapitalismus. Geldgier als Strukturprinzip?
Prof. Ute Frevert (Max-Planck-Institut für Bildungsforschung) im Gespräch mit Prof. Sighard Neckel (Exzellenzcluster "Die Herausbildung normativer Ordnungen")
Moderation: Rebecca Caroline Schmidt (Exzellenzcluster "Die Herausbildung normativer Ordnungen")
25. September 2014, 19 Uhr
Historisches Museum
Fahrtor 2, Römerberg
Frankfurt am Main
Veranstalter:
Exzellenzcluster "Die Herausbildung normativer Ordnungen" mit dem Kulturamt der Stadt Frankfurt am Main
Plakat (pdf): Hier...
Artikel: "Jede Gesellschaft konditioniert die Gefühle ihrer Bürger" - über den Wandel von Gefühlsregimen im Kapitalismus
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Ob zum Zweck seiner Erklärung oder zur Rechtfertigung: Im Kapitalismus wird zumeist die Rationalität und Sachlichkeit wirtschaftlichen Handelns behauptet. Die allgegenwärtige Rede von Gier oder der Notwendigkeit von Vertrauen in Märkte scheint hingegen die Zentralität nicht-rationaler Motive nahzezulegen. Auch stellt sich in Zeiten zunehmender Burnouts die Frage, wie die Gefühlswelt der Menschen durch den Kapitalismus geformt wird. Setzt die Rationalität des Kapitalismus also nicht notwendig emotionale Antriebe wie Geldgier voraus? Auf welche Weise verändert der Kapitalismus den Gefühlshauhalt des modernen Menschen? Über dieses Thema werden im XVI. Frankfurter Stadtgespräch Ute Frevert, Emotionsforscherin und Direktorin des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin und Sighard Neckel, Professor für Soziologie an der Goethe-Universität und Principal Investigator des Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“, diskutieren.
Ute Frevert ist Direktorin am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin. Als Leiterin des Forschungsbereiches „Geschichte der Gefühle“ beschäftigt sich die Historikerin zusammen mit Psychologen und Erziehungswissenschaftlern, aber auch Ethnologen, Soziologen, Literatur-, Kunst- und Musikwissenschaftlern mit den Gefühlsordnungen der Vergangenheit. Einer ihrer Forschungsschwerpunkte ist die Frage nach der Geschichte und Geschichtsmächtigkeit von Emotionen: Werden Gefühle kulturell geformt? Und: Machen Gefühle Geschichte? Dabei publizierte sie auch zum Thema Gefühle und Kapitalismus. Ihre weiteren Forschungsgebiete sind die Neuere und Neueste Geschichte sowie die Sozial- und Geschlechtergeschichte. Seit 2009 ist sie Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Zwischen 2003 und 2007 lehrte die Leibniz-Preis-Gewinnerin Deutsche Geschichte an der der Yale University in den USA.
Sighard Neckel ist Professor für Soziologie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Zugleich ist er Principal Investigator des Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ und Mitglied des Kollegiums des Instituts für Sozialforschung. In seiner aktuellen Forschung beschäftigt er sich mit den gesellschaftlichen Folgen des Finanzmarktkapitalismus und der globalen Ökonomie. Einer seiner weiteren Forschungsschwerpunkte ist die Emotionssoziologie. Hier hat er Studien zu den Gefühlen der Scham, der Wut, des Neides und der Gier vorgelegt sowie sich mit den Prozessen der Emotionalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft auseinandergesetzt. Für sein Lehrbuch „Sternstunden der Soziologie“ erhielt er 2010 den Lehrbuchpreis der Deutschen Gesellschaft für Soziologie. Seine Untersuchung „Strukturierte Verantwortungslosigkeit. Berichte aus der Bankenwelt“ wurde im Herbst 2010 zum „Sachbuch des Monats“ gewählt.

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