Mittwoch, 20. Januar 2010, ab 18 Uhr c.t.
Campus Westend, Hörsaalzentrum HZ 3
Professor Dr. Dr. h.c. mult. Gunther Teubner, Johann Wolfgang Goethe-Universität und London School of Economics
Verfassungen ohne Staat?
Zur Konstitutionalisierung transnationaler Regimes
Zur PersonGunther Teubner, Professor für Privatrecht und Rechtssoziologie und Principal Investigator am Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ der Goethe-Universität Frankfurt und Centennial Professor, London School of Economics. Gastprofessuren in Berkeley, Stanford, Ann Arbor, Toronto, Wissenschaftskolleg Berlin, Den Haag. Ehrendoktor der Universitäten Luzern, Neapel, Tiflis, Macerata. Forschungsschwerpunkte: Theoretische Rechtssoziologie, Privatrechtstheorie, Vertragsrecht. Neuere Veröffentlichungen: Nach Jacques Derrida und Niklas Luhmann: Zur (Un-)Möglichkeit einer Gesellschaftstheorie der Gerechtigkeit 2008, Regime-Kollisionen: Zur Fragmentierung des Weltrechts 2006, Transnational Governance and Constitutionalism 2004.
Zum Vortrag
Eine Reihe von politischen Skandalen hat in den letzten Jahren Probleme eines Konstitutionalismus jenseits des Nationalstaats aufgeworfen. Menschenrechtsverletzungen durch multinationale Unter-nehmen, umstrittene Entscheidungen der Welthandelsorganisation, die im Namen der globalen Handelsfreiheit den Schutz von Umwelt oder Gesundheit gefährdeten, Bedrohung der Meinungsfreiheit durch private Intermediäre im Internet und neuerdings mit besonderer Wucht die Entfesselung katastrophaler Risiken auf den weltweiten Kapitalmärkten – sie alle werfen nicht nur politische und rechtliche Probleme der Regulierung auf, sondern Verfassungsprobleme im strengen Sinne. Transnationaler Konstitutionalismus bedeutet zweierlei: die Verfassungsfrage stellt sich außerhalb der Grenzen des Nationalstaates in transnationalen Politikprozessen und zugleich außerhalb des institutionalisierten Politiksektors in den „privaten“ Sektoren der Weltgesellschaft.