Wie frei sind wir im digitalen Echoraum
Goethe Lectures Offenbach
20. August 2019, 19 Uhr
Prof. Dr. Klaus Günther (Co-Sprecher des Exzellenzclusters "Die Herausbildung normativer Ordnungen" und Professor für Rechtstheorie, Strafrecht und Strafprozessrecht der Goethe-Universität Frankfurt am Main)
Klingspor Museum
Herrnstr. 80
63065 Offenbach
Sobald wir online sind, können wir nicht verhindern, dass unsere Daten gesammelt werden. Private und staatliche Organisationen verwenden unsere Daten, um Persönlichkeitsprofile herzustellen, sei es zum Zweck der Beobachtung und Überwachung, sei es, um durch eine zielgenaue Produktwerbung Anreize für den Konsum zu schaffen. Dadurch wird eine Art Spiegelkabinett um uns herum gebaut, das unsere Wünsche und Überzeugungen bestätigt und unser künftiges Verhalten immer genauer vorherzusagen weiß. Ähnliches geschieht in digitalen sozialen Netzwerken, nicht nur durch das Sammeln und Analysieren der dabei produzierten Verhaltensdaten, sondern auch dadurch, dass wir uns überwiegend mit Gleichgesinnten austauschen, die unseren Wünsche und Überzeugungen, unsere Sicht auf die Welt teilen und bestätigen („liken“). Der Vortrag geht der Frage nach, ob und in welcher Weise sich unsere Freiheit verändert, wenn wir uns immer häufiger in solchen Echoräumen und digitalen Spiegelkabinetten unseres eigenen Selbst bewegen – oder ob zur Freiheit nicht auch die Erfahrung des Widerspruchs, Widerstands, des Dissenses oder gar des Scheiterns gehört.
Prof. Dr. Klaus Günther ist Professor für Rechtstheorie, Strafrecht und Strafprozessrecht an der juristischen Fakultät der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Seit 2007 ist er Co-Direktor des Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“. Er ist Mitglied des Vorstands des Instituts für Sozialforschung in Frankfurt und Distinguished Fellow des Forschungskollegs Humanwissenschaften der Goethe-Universität Bad Homburg. 2018 Prof. h.c. (Profesor emerito), Universidad del Rosario, Bogotá / Colombia.
Klaus Günther studierte Philosophie und Rechtswissenschaften in Frankfurt. Von 1983 bis 1996 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter und Universitätsassistent in Frankfurt unter anderem in einer DFG-geförderten Arbeitsgruppe Rechtstheorie (Leibniz-Programm) bei Jürgen Habermas, wo er 1987 promovierte. Nach seiner Habilitation 1997 folgten Rufe auf Professuren am EUI Florenz und an den Universitäten Rostock und Zürich, die er ablehnte. Er war Gastprofessor an der SUNY in Buffalo (2000), Corpus Christi College Oxford (2001), École des Hautes Études en Sciences Sociales (2003), London School of Economics (2003) und Sciences Po Paris (2016). Zu seinen wichtigsten Publikationen gehören: Der Sinn für Angemessenheit (1988; English translation: The Sense of Appropriateness, 1993; Por-tuguese translation 2004) und Schuld und kommunikative Freiheit (2005). Er ist Co-Herausgeber der Buchreihe „Normative Orders“ (Campus).
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Veranstalter:
Exzellenzcluster "Die Herausbildung normativer Ordnungen" in Kooperation mit der Stadt Offenbach, Amt für Wirtschaftsförderung und dem Klingspor Museum