Forschung aktuell

Vortrag der Philosophin Nancy Fraser über Arbeitskämpfe und die Verbindungen von Gender, Race und Class

Von Christopher Hamich

Am 23. Juni 2022 hat die Philosophin Nancy Fraser im Rahmen der Abschlusskonferenz der Kolleg-Forschergruppe Justitia Amplificata einen Vortrag an der Goethe-Universität Frankfurt am Main gehalten. Der Titel ihres Vortrags lautete „Three Faces of Capitalist Labor. Uncovering the Hidden Ties between Gender, Race and Class“.

Fraser begann mit der Feststellung, dass es viele progressive und emanzipatorische Bestrebungen und Bewegungen gebe, die sich für verschiedene Zwecke einsetzen, darüber jedoch zerstückelt und getrennt voneinander handelten. Damit stünden diese Bewegungen in einem unpassenden Verhältnis zur Größenordnung der aktuellen Krisen, allen voran der Klimakatastrophe; sie wirkten nicht auf notwendige systemische Veränderungen hin. Diesem Problem begegnet die Philosophin in ihrem Vortrag mit einem Rückgriff auf W. E. B. Du Bois, der in seinem Essay „Black Reconstruction in America“ beschrieben hat, wie in der Zeit der Reconstruction in den Vereinigten Staaten Schwarze Menschen und befreite Sklav:innen für einen Umbau der Wirtschaft gekämpft haben und dabei von weißen Arbeiter:innen wegen rassistischer Ressentiments nicht anerkannt wurden. Damit, so Du Bois, war ein gemeinsamer, koordinierter Arbeitskampf nicht möglich, der potentiell ein größeres Potential gezeigt hätte, als die beiden getrennten, sich selbst gegenseitig nicht (an-)erkennenden Kämpfe, die so enstanden. Du Bois geht Fraser jedoch nicht weit genug. Er zeige damit zwei verschiedene Arten von Arbeiter:innen-Bewegungen auf, unterschlage dabei eine wichtige, dritte Art: die soziale Reproduktionsarbeit.

Fraser möchte in ihrem Vortrag eine neue Sichtweise auf den Kapitalismus, spezifisch auf die Arbeit und die emanzipatorischen Bewegungen erarbeiten, die, ausgehend von dieser Dreiteilung im Anschluss an Du Bois', eine neue Konzeption der Arbeiter:innenklasse ermöglicht. Die Grundunterscheidung dafür bildet die Dreiteilung kapitalistischer Arbeit in drei "Gesichter": die ausgebeutende, die erzwungene bzw. „enteignete“ und die versteckte, unbezahlte „domestizierte“ Arbeit (im englischen Original: exploited, expropriated and domesticated labor). 

Read more: Vortrag der Philosophin Nancy Fraser über Arbeitskämpfe und die Verbindungen von Gender, Race und...

Frankfurter interdisziplinäre Live-Debatte: Studieren, Forschen, Lehren trotz Corona-Pandemie

Von Kristina Balaneskovic

Während der Corona-Pandemie wurde das öffentliche Leben massiv eingeschränkt. Vor allem der Bildungssektor war durch Schließungen von Kindertagesstätten, Schulen und Universitäten betroffen. Die Verlagerung des Studierens, Forschens und Lehrens in den digitalen Raum und die hierbei aufgetretenen Schwierigkeiten haben gezeigt, dass es bei digitalen Infrastrukturen noch Ausbaubedarf gibt. Dies machte sich die „Frankfurter interdisziplinäre Live-Debatte: Studieren, Forschen, Lehren trotz Corona-Pandemie“ zum Schwerpunkt, an der Jan Pieter Krahnen (Leibnitz-Institut für Finanzforschung SAFE), Nicole Deitelhoff (HSFK und Forschungsverbund „Normative Ordnungen“ der Goethe-Universität), Stefanie Dimmeler (Cardio Pulmonary Institute, CPI der Goethe-Universität) und Klaus Günther (Forschungsverbund „Normative Ordnungen“ der Goethe-Universität) teilnahmen. Moderiert wurde die Debatte von Doris Renck, Journalistin des Hessischen Rundfunks.
Das Format der Frankfurter interdisziplinären Debatte wurde konzipiert, um Vertreter*innen verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen in Dialog zu bringen. Es verfolgt das Ziel, ein umfassendes Lagebild einer ins Zentrum gestellten Problematik zu entwickeln. Dadurch soll die Wissenschaft einen wichtigen Beitrag zum öffentlichen Diskurs leisten. Die „Frankfurter interdisziplinäre Debatte“ ist eine gemeinsame Initiative des Forschungsverbunds „Normative Ordnungen“ der Goethe-Universität, des Leibniz-Instituts Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK), des Leibniz-Instituts für Finanzforschung (SAFE) und des Cardio Pulmonary Institute der Goethe-Universität.
Jan Pieter Krahnen, Direktor des SAFE-Instituts, startete mit einer vergleichenden Betrachtung: Während sich das Wirtschaftssystem den Krisen beispielsweise durch Weiterentwicklung angepasst habe und einem V-förmigen Verlauf folge, habe das Bildungssystem auch nach fast zwei Jahren Corona-Pandemie keine Resilienz entwickelt. Vielmehr zeige es sich gegen jeglichen Wandel resistent. Man müsse sich die Frage stellen, was die Ursachen dieses Widerstandes sind: Ist es das System oder sind es die Lehrenden, die sich gegen Veränderungen stellen? Krahnen erklärte außerdem den Umgang mit digitalen Medien zur Schlüsselkompetenz in der heutigen Zeit und formulierte die Sorge, dass eine gesamte Generation von Schülerinnen und Schülern auf diesem Gebiet zurückgeworfen werde. Er sprach sich abschließend für ein agiles und wandlungsfähiges Bildungssystem aus, das den Herausforderungen der Corona-Pandemie gerecht werden könnte. Die Hauptkomponente seien hierbei die Lehrenden, die zu Lernenden des digitalen Umgangs werden sollten.

Read more: Frankfurter interdisziplinäre Live-Debatte: Studieren, Forschen, Lehren trotz Corona-Pandemie

Angriffe auf emanzipatorische Errungenschaften. Ein Forum des Frankfurter Kunstvereins zu Ultrakonservatismus

Bericht zum Forum „Your body is a battleground – ultrakonservative Strategien zur Wiederherstellung einer ‚natürlichen Ordnung‘“ am 18. und 19. September 2021 im Frankfurter Kunstverein.

Von Christopher Hamich

Das Ziel des Forums vom Frankfurter Kunstverein ist das nähere Be- und Ausleuchten von ultrakonservativen und rechtsextremen Bestrebungen gegen emanzipative und reproduktive Rechte gewesen. Eine Verschiebung der öffentlichen Debatte nach rechts attestierend kamen Journalist*innen, Aktivist*innen und Forscher*innen aus aller Welt zusammen um ihre Erkenntnisse und Erfahrungen sichtbar zu machen und zu debattieren.

Nach einer Begrüßung führte Neil Datta, Sekretär des Europäischen Parlamentarischen Forums für sexuelle und reproduktive Rechte und Herausgeber mehrerer Informationshefte zu radikalkonservativen Netzwerken, im Gespräch mit Asia Leofreddi, der Kuratorin des Forums, mit einem empirischen Überblick zu ultrakonservativen Netzwerken in den Tag ein. Er lieferte einen kompakten Überblick über diverse Think Tanks, Netzwerke und Veranstaltungen sowie deren Finanzierung und die grundlegenden strategischen Ziele solcher ultrakonservativen Netzwerke und legte damit eine wichtige empirische Basis für die folgenden Debatten der Veranstaltung.

Daran anschließend diskutierten der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Thomas Biebricher, die Autorin Natascha Strobl und die Soziologin Prof. Dr. Sarah Speck unter der Moderation von Rebecca C. Schmidt, Geschäftsführerin des Forschungsverbunds Normative Ordnungen, über die normativen Grundlagen und die Gefahren eines radikalen Konservatismus. Die Diskussionsrunde ist vom Forschungsverbund Normative Ordnungen als wissenschaftlichem Partner des Forums organisiert worden. Zu Beginn dieser Runde erläuterte Thomas Biebricher, wie sich Konservatismus klassisch definieren lässt und wie er sich vom Ultrakonservatismus unterscheiden lässt. Im klassischen, von Edmund Burke geprägten Verständnis fokussiere sich der Konservatismus auf das Bewahren des Status quo; Konservative ständen Veränderungen daher mit großer Skepsis gegenüber. Das hieße auch, dass der klassische Konservatismus sich eigentlich immer auf die Seite einer bestehender Ordnungen stelle, Konservative stünden so zum Beispiel heute auf Seiten der liberalen Demokratie, auch wenn sie diese zuvor abgelehnt hätten. Biebricher sprach in diesem Kontext auch von „tragischen“ Akteuren, da die konservative Position damit zwangsläufig eine nachgelagerte und verhindernde sei; trotzdem misst er dem klassischen Konservatismus zugleich eine wichtige Rolle in liberalen Demokratien zu, da durch ihn Anpassungsprozesse sortiert und Fortschrittsbestrebungen kritisiert würden.

Read more: Angriffe auf emanzipatorische Errungenschaften. Ein Forum des Frankfurter Kunstvereins zu...

„DenkArt“ mit Sighard Neckel. Solidarität_Welche Rolle spielen Emotionen, Regeln, Infrastrukturen?

von Juana de Oliveira Lorena

Die Corona-Pandemie hat zahlreiche Herausforderungen für unsere Gesellschaft mit sich gebracht. Mit dem Ausbruch der Krise in Europa Anfang 2020 ist auch der Begriff der Solidarität in das Zentrum vieler Debatten gerückt. Während viele auf eine solidarische Wende gehofft oder sogar gewettet haben, haben andere von Anfang an ihre Skepsis geäußert. Denn das Gedeihen von Solidarität ist von vielen Faktoren abhängig: persönlichen und kollektiven Emotionen, philosophischen Einstellungen, krisenhaften Umständen, Infrastrukturen, der wirtschaftlichen Lage und politischen Systemen – das alles kann das Verständnis und die Praxis der Solidarität beeinflussen.
Am Abend des 8. Juni 2021 widmete sich der Soziologe Prof. Sighard Neckel im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Solidarität_Aber wie?“ diesem Thema. In seinem Vortrag Solidarität_Welche Rolle spielen Emotionen, Regeln, Infrastrukturen? reflektierte Neckel über die Bedingungen Solidarität herzustellen.
Die öffentliche Diskussionsreihe ist eine Kooperation zwischen dem Forschungsverbund „Normative Ordnungen“ der Goethe-Universität Frankfurt am Main, der Katholischen Akademie Rabanus Maurus, Haus am Dom, der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst und der Heinrich-Böll-Stiftung Hessen e.V. organisiert. Unterstützt wird „DenkArt“ durch die Sebastian-Cobler-Stiftung für Bürgerrechte.
Zu Beginn des Abends wurde Sighard Neckel von der Geschäftsführerin des Forschungsverbundes „Normative Ordnungen“, Rebecca C. Schmidt, vorgestellt. Neckel ist Professor für Gesellschaftsanalyse und sozialen Wandel im Fachbereich Sozialwissenschaften der Universität Hamburg. Seine Forschungsschwerpunkte sind Wirtschaftssoziologie, soziale Ungleichheit, Kultursoziologie, Emotionsforschung und Gesellschaftstheorie.  Aktuell leitet er in Hamburg gemeinsam mit Prof. Dr. Frank Adloff die DFG-Kolleg-Forschungsgruppe „Zukünfte der Nachhaltigkeit“. Außerdem ist er Leiter des Teilprojekts „Die Fabrikation von Emotionsrepertoires“ am Sonderforschungsbereich 1171 „Affective Societies“.
In seinem Vortrag machte Neckel drei Schritte: Zunächst kontextualisierte er die Debatte über Solidarität im Rahmen der Corona-Pandemie. Danach spezifizierte er den eigentlichen Begriff von Solidarität aus soziologische Perspektive. Zum Schluss sprach Neckel über die titelgebenden Faktoren, die seiner Auffassung nach besonders wichtig für das Gedeihen von Solidarität in modernen Gesellschafen – nämlich Emotionen, Regeln und Strukturen – seien.

Read more: „DenkArt“ mit Sighard Neckel. Solidarität_Welche Rolle spielen Emotionen, Regeln, Infrastrukturen?

Das Postdoc-Programm des Forschungsverbunds „Normative Ordnungen“: Nachwuchsförderung zwischen 2017 und 2020

Von Juana de O. Lorena

Die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses ist seit je her ein integraler Bestandteil des Forschungsverbunds „Normative Ordnungen“ der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Das 2017 neu strukturierte, verbundseigene Postdoc-Programm bietet die besten Bedingungen zu forschen und hochqualifizierte junge Wissenschaftler*innen zu fördern. Die Erfolge sprechen für sich.
Dank der hohen internationalen Sichtbarkeit des Verbundes wurden zwischen 2017 und 2020 aus den unterschiedlichsten Disziplinen herausragende Forscher*innen angezogen. So konnte das Recruiting international, interdisziplinär und mit einem besonderen Augenmerk auf die Erhöhung des Anteils von Wissenschaftlerinnen erfolgen.
Die explizit interdisziplinäre und internationale Ausrichtung des Programms hat im Verlauf der drei Jahre eine Vernetzung der Early Career Researchers über die Disziplin- und Verbundgrenzen hinaus vorangetrieben. Insbesondere der wissenschaftliche Austausch mit den Principal Investigators des Verbunds, aber auch gemeinsam organisierte Veranstaltungsreihen, Publikationsprojekte, Workshops und Klausurtagungen boten den Teilnehmer*innen des Programms einzigartige Möglichkeiten zur Zusammenarbeit untereinander und mit der internationalen Wissenschaftscommunity.

Read more: Das Postdoc-Programm des Forschungsverbunds „Normative Ordnungen“: Nachwuchsförderung zwischen...

Wer übernimmt die Verantwortung? – Christiane Wendehorst zur Frage der Haftung von Künstlicher Intelligenz

„Haftung für Künstliche Intelligenz – droht ein Verantwortungsvakuum?“ – Vortrag von Prof. Dr. Christiane Wendehorst innerhalb der Ringvorlesung im Wintersemester 2020/2021 „Machtverschiebung durch Algorithmen und KI“

Von Kristina Balaneskovic

Künstliche Intelligenz kommt in den verschiedensten Sphären und Disziplinen zum Einsatz. Mit der stetigen Weiterentwicklung von KI rückt diese immer weiter in den gesellschaftlichen Vordergrund. Doch die Diskussionen um die Funktion, Wirkung und Fehlbarkeit von Künstlicher Intelligenz werden nicht nur von Fragen technischer Art begleitet. Nicht zuletzt stellt sich die Frage, wer eigentlich haftet, wenn Künstliche Intelligenz Fehler macht? Dieser geht Prof. Dr. Christiane Wendehorst in ihrem Vortrag: „Haftung für Künstliche Intelligenz – droht ein Verantwortungsvakuum?“, welchen sie am 25. Januar 2021 online innerhalb der Ringvorlesung im Wintersemester 2020/2021 „Machtverschiebung durch Algorithmen und KI“, gehalten hat, nach.
Christiane Wendehorst ist Professorin für Zivilrecht an der Universität Wien und u.a. Präsidentin des European Law Institute. Veranstalter der Ringvorlesung ist das Forschungsnetzwerk „Die normative Ordnung Künstlicher Intelligenz | NO:KI“ am Forschungsverbund „Normative Ordnungen“ gemeinsam mit den Frankfurter Gesprächen zum Informationsrecht des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Umweltrecht, Informationsrecht und Verwaltungswissenschaften und dem Fachbereich Rechtswissenschaft der Goethe-Universität Frankfurt am Main.

Wer haftet nun, wenn Künstliche Intelligenz versagt? Wie sind Entwicklungen auf EU-Ebene zu bewerten? Haftung für KI oder lieber Kontrolle von KI? Christiane Wendehorst hält fest: Damit diese Frage adressiert werden kann, bedürfe es zunächst der Frage, was wir unter der Überschrift ‚Haftung‘ diskutieren. Zunächst müsse nach der Referentin zwischen zwei Dimensionen unterschieden werden, nämlich der ‚physischen‘ und der ‚sozialen‘ Dimension von KI. Die ‚physische‘ Dimension sieht vor, Vorteile durch Produkte und Dienstleistungen mit KI, z.B. innerhalb einer besseren Gesundheitsversorgung, weniger Verkehrsunfällen oder weniger Emissionen, zu erlangen. Dahingegen steht die ‚soziale‘ Dimension, die durch Auslagerungen von Entscheidungen und Aktivitäten an KI z.B. von besseren Entscheidungen durch mehr Fairness oder auch mehr freien Ressourcen für menschliche Interaktionen profitieren kann. Mit der ‚physischen‘ und der ‚sozialen‘ Dimension sind allerdings auch entsprechende Risiken verbunden. Beispielsweise könnten unter der Beteiligung von KI, Menschen oder Objekte aufgrund von unsicheren Produkten zu Schaden kommen. Weiterhin können z.B. Diskriminierung, Manipulation, Ausbeutung oder auch Kontrollverluste durch unangemessene Entscheidungen und Machtausübung basierend auf Künstlicher Intelligenz nicht ausgeschlossen werden. Aus diesem Grund müsse, so Wendehorst, ein Haftungssystem versuchen, beide Dimensionen angemessen zu adressieren. Probleme sieht die Referentin darin, dass sich ein Großteil der Diskussion zur ‚Haftung von KI‘ auf die ‚physische‘ Dimension konzentriere und die ‚soziale‘ Dimension außer Acht lasse. Herausforderungen bestehen für das Haftungsrecht also darin, beide Dimensionen in den Mittelpunkt einer funktionierenden Systematik zu stellen.

Read more: Wer übernimmt die Verantwortung? – Christiane Wendehorst zur Frage der Haftung von Künstlicher...

Die Gegenwart der Religion und die Zukunft der Philosophie. Eine Tagung über und mit Jürgen Habermas

Von Michael Roseneck und Dennis Stammer

Auch das akademische Leben, sei es nun in Forschung oder Lehre, ist in erheblichem Maße durch die Corona-Pandemie eingeschränkt. So mussten zahlreiche geplante Foren des Austauschs über das 2019 erschienene, zweibändige Werk von Jürgen Habermas, Auch eine Geschichte der Philosophie, abgesagt oder verschoben werden. Schon vor der Veröffentlichung war es allerdings anlässlich seines 90. Geburtstags im Juni 2019, zu dem J. Habermas einen denkwürdigen öffentlichen Vortrag hielt, der Gegenstand einer großen zweitägigen internationalen Tagung unter dem Dach der Normativen Ordnungen gewesen (Medienecho zum Vortrag "Noch einmal: Moralität und Sittlichkeit" von Jürgen Habermas (Auswahl)).
Um die Diskussion über dieses bedeutende Buch fortsetzen zu können, fand am 20. und 21. November 2020 ein vom Institut für Religionsphilosophische Forschung sowie dem Forschungsverbund Normative Ordnungen veranstalteter und in Kooperation mit dem Forschungskolleg Humanwissenschaften Bad Homburg durchgeführter Workshop statt, der in den virtuellen Raum verlegt worden war. Anspruch des von Thomas M. Schmidt und Matthias Lutz-Bachmann konzipierten Formats war es, renommierte Wissenschaftler*innen aus der Philosophie und Theologie Stellung zu Habermas‘ Abhandlung beziehen zu lassen sowie dem Autor die Möglichkeit zur Replik zu geben. Der Einladung in den digitalen Raum einer globalen Konferenz (die Zeitzonen von Mexiko über Pennsylvania bis nach Deutschland überspannend) folgten acht Vortragende und eine Reihe weiterer Teilnehmer*innen, und nicht zuletzt Jürgen Habermas selbst diskutierte von seinem Wohnort Starnberg aus mit.

Read more: Die Gegenwart der Religion und die Zukunft der Philosophie. Eine Tagung über und mit Jürgen Habermas

Kann man Computern Moral lehren? Computerwissenschaftliche Perspektiven von Prof. Dr. Kristian Kersting

Von Marian Nestroy

In der Ringvorlesung „Machtverschiebung durch Algorithmen und KI“ stellte Kristian Kersting, Professor für künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen an der TU Darmstadt, aktuelle Forschungsergebnisse vor und ging der Frage nach, ob es möglich ist, Systemen künstlicher Intelligenz Moral beizubringen.

Gerade die gegenwärtige Pandemie zeigt uns die Unerlässlichkeit des digitalen Austausches. Homeoffice wäre nicht möglich und das Videotelefonat mit Freunden und Verwandten auch nicht. Ein Trend zeichnet sich beim erreichten Stand der Technik aber schon ab. Es ist derselbe wie in den letzten Jahrzehnten: Je größer die technischen Möglichkeiten zur Datenverarbeitung sind, desto größer und tiefergehender sind ihre Einsatzfelder und damit die Notwendigkeit digitaler Systeme. Selbstfahrende Automobile werden von den Konzernen längst als gangbarer Weg der Zukunft von Mobilität gehandelt und autonome Systeme finden nicht nur in den Fabrikhallen unserer Gegenwart ihren Platz, sondern über das smarte Telefon auch im eigenen Wohnzimmer.

Was dem Einen Freude über Erleichterung im Alltag ist, mag dem Anderen als ein Übergriff der Roboter im Privaten erscheinen. Auch wenn die pessimistische Haltung gegenüber der künstlichen Intelligenz in vielen Fällen übertrieben scheint, so stellt sie doch implizit auch immer die Frage nach den Einflüssen dieser Technik auf reale Machtverhältnisse. Pessimismus darf daher insofern als gerechtfertigt gelten, als er kritische Impulse hervorbringt und das Themenfeld der Ringvorlesung mitbestimmt. Doch auch Kristian Kersting weiß um die Vorurteile gegenüber der KI – sowohl um die negativen, als auch um die positiven. Zudem weiß er auch wie er darauf zu reagieren hat: mit grundlegenden Informationen darüber, was unter KI und maschinellem Lernen eigentlich zu verstehen ist.

Read more: Kann man Computern Moral lehren? Computerwissenschaftliche Perspektiven von Prof. Dr. Kristian...

„Teilhabe oder Rückschritt?“ – Die Position der Frau in Zeiten von Corona

Bericht zum Vortrag von Prof. Jutta Allmendinger in der Reihe „DenkArt“ – Der normalisierte Ausnahmezustand

Von Kristina Balaneskovic

Im für den Herbst 2020 vorgesehenen Thema „Der normalisierte Ausnahmezustand“ hielt Prof. Jutta Allmendinger am 17. November 2020 digital zugeschaltet im Haus am Dom den Vortrag zu: „Teilhabe oder Rückschritt? – Die Position der Frau in Zeiten von Corona“.
Jutta Allmendinger ist Soziologin, Professorin für Bildungssoziologie und Arbeitsmarkt-forschung an der Humboldt-Universität zu Berlin und seit 2007 Präsidentin des Wis-senschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB). Ihre Forschungsschwerpunkte sind unter anderem Aspekte von Arbeitsmarkt, Sozialpolitik und Sozialer Ungleichheit. In ihrem Fokus stehen dabei auch Fragen der Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern, sowohl im beruflichen als auch im familiären Rahmen.
Hauptaugenmerk der Veranstaltung „DenkArt“ ist es, einen partizipativen und öffentlichen Diskursraum zu aktuellen gesellschaftlichen Themen bieten zu können, auch in Pandemiezeiten. Veranstaltet wird die Redenreihe von Prof. Marion Tiedtke, Professorin für Schauspiel an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt am Main und Dramaturgin, dem Forschungsverbund „Normative Ordnungen“ in Kooperation mit der Katholischen Akademie Rabanus Maurus, Haus am Dom und der Heinrich-Böll-Stiftung. Gefördert wird die partizipative Vortragsreihe zudem von der Sebastian-Cobler-Stiftung für Bürgerrechte. Moderiert wurde der Abend von Mechthild Jansen von der Heinrich-Böll-Stiftung Hessen.

Read more: „Teilhabe oder Rückschritt?“ – Die Position der Frau in Zeiten von Corona


Headlines

Nicole Deitelhoff erhält LOEWE-Spitzen-Professur an Goethe-Universität und HSFK

Die Co-Sprecherin des Forschungszentrums "Normative Ordnungen" Prof. Nicole Deitelhoff erhält eine LOEWE-Spitzen-Professur des Landes Hessen. Wir freuen uns, dass diese Förderung ihre Forschungen zur Produktivität von Konflikten auch weiterhin fruchtbar machen wird. Weitere Informationen: Hier...

Normative Orders Newsletter 02|23 erschienen

Der Newsletter aus dem Forschungszentrum „Normative Ordnungen“ versammelt Informationen über aktuelle Veranstaltungen, Neuigkeiten und Veröffentlichungen. Zur zweiten Ausgabe: Hier...

Upcoming Events

25. Mai 2023, 18.15 Uhr

Ringvorlesung "Islamismus in Deutschland und Europa: Gesellschaftlicher Umgang mit Ursachen und Wirkungen": Elif Durmaz (FH Bielefeld): Strategische Kommunikation muslimischer Organisationen nach Anschlägen mit islamistischem Hintergrund. Mehr...

25. Mai 2023, 20 Uhr

Lecture & Film „Kino am Abgrund der Moderne. Die Filme von Luis Buñuel“: Pietsie Feenstra (Montpellier): „Spanish Cinematographic Memories“ and Space: Bunuel’s El ángel exterminador. Mehr...

1. und 2. Juni 2023

International Conference: Populism and Democracy – A Contradiction? More...

-----------------------------------------

Latest Media

Videoarchiv

Weitere Videoaufzeichnungen finden Sie hier...

Denken in Institutionen

Prof. Dr. Hubertus Buchstein (Universität Greifswald)
Moderation: Prof. Dr. Dirk Jörke (TU Darmstadt)
Gedenksymposium für Rainer Schmalz-Bruns

"Eine neue Welt voll Wunder”: Demokratische Lebensformen in Zeiten der Revolution

Prof. Dr. Till van Rahden (Université de Montréal)
Ringvorlesung "Das Bauwerk der Demokratie. Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Paulskirche als politisches Symbol"

New full-text Publications

Christoph Burchard and Finn-Lauritz Schmidt (2023)

Climate Crimes - A Critique. Normative Orders Working Paper 01/2023. More..