Forschung aktuell
“Der Streit zwischen der juristischen und der philosophischen Fakultät bei Immanuel Kant“ - Endbericht über den Forschungsaufenthalt
Dr. jur. Domenico Siciliano Firenze, 10. September 2017
A.) Der Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ finanzierte einen Aufenthalt von einem Monat und zehn Tagen (vom 10. Mai 2017 bis zum 3. Juni 2017 und vom 11. Juli bis zum 27. Juli 2017) in Frankfurt am Main, der Forschungen für ein Buch-Projekt über den Streit der juristischen mit der philosophischen Fakultät diente. Das Projekt stellte die Modifikation eines ursprünglichen Projektes zur Rechtstheorie des Frankfurter Zivilrechtlers und Rechtstheoretikers Rudolf Wiethölter dar, das insgesamt durch ein dreimonatiges Stipendium im Zeitraum zwischen November 2015 und Anfang Februar 2016 durch den Exzellenzcluster finanziert wurde. Im Folgenden werde ich insgesamt und zusammenfassend über meine gesamte Forschungstätigkeit in Frankfurt berichten und dabei auf den seinerzeit gestellten Antrag mit dem Titel “Der Streit zwischen der juristischen und der philosophischen Fakultät bei Immanuel Kant“ vom 17.5.2017 generell Bezug nehmen.
Vertrackt politisch – Christopher Daase über Abstrakten Expressionismus und den Kalten Krieg in der Malerei
Von Jerzy Sobotta
In der jungen Bundesrepublik der 1950er Jahre war die Kunst ein umkämpftes Feld. Die Künstler und Kuratoren mussten mit der Zäsur umgehen, die die Kulturpolitik der Nazis hinterlassen hatte. Dabei ging es nicht allein um die Wiederaneignung dessen, was als „Entartete Kunst“ verdrängt und verboten worden war, sondern auch um eine ideologische Verortung innerhalb der Positionen des Kalten Krieges. Wie Kunst und unser Geschmack von den Kräften der Weltpolitik bestimmt sind, stellte Prof. Christopher Daase anhand der Erfolgsgeschichte des Abstrakten Expressionismus in Westdeutschland dar. Sein Vortrag fand am 23. Mai 2017 im Museum Giersch der Goethe-Universität Frankfurt statt und war Teil des Begleitprogramms der Ausstellung „Ersehnte Freiheit. Abstraktion in den 1950er Jahren“. Daase, der unter anderem Kunstgeschichte studierte, lehrt Politikwissenschaft an der Goethe-Universität Frankfurt, ist Principal Investigator des Exzellenzclusters „Die Herausbildung Normativer Ordnungen“ und Co-Direktor des Leibniz-Instituts Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung.
Keynote: A Critical Theory of Transnational Justice: One Ground and Several Contexts von Prof. Dr. Rainer Forst auf der Frankfurt Summer Academy on Global Justice
Von Johanna Schafgans
Wir befinden uns an der Max-Horkheimer-Straße neben dem Theodor-W.-Adorno-Platz, auf dem der Schreibtisch von Adorno steht. „Natürlich wird in unserem ‚Normative Orders’-Gebäude Kritische Theorie gemacht”, sagt Prof. Dr. Rainer Forst mit einem Lächeln.
Anlässlich der Frankfurter Sommerakademie zur ‚Globalen Gerechtigkeit‘ hielt Forst, Co-Sprecher des Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen”, am 17. Juli 2017 einen Vortrag mit dem Titel „A Critical Theory of Transnational Justice: One Ground and Several Contexts”, in dem er vor allem seine "Kritische Theorie transnationaler Gerechtigkeit" vorstellte.
Die Arbeit von Rainer Forst, der Punter anderem auch Direktor der Leibniz-Forschungsgruppe „Transnationale Gerechtigkeit“ an der Goethe-Universität ist, kann zusammenfassend als ein Plädoyer für ein transnationales Konzept globaler Gerechtigkeit und eine kritische Theorie der „transnationalen Gerechtigkeit“ beschrieben werden. Mit seiner Theorie versucht er alternative Analysen des globalen Gerechtigkeitskonzepts zu entwickeln. Dabei soll eine Theorie transnationaler Gerechtigkeit auf eine umfassende Analyse von Phänomenen der Ungerechtigkeit und ihrer Wurzel beruhen, denn die verschiedenen Kontexte der Gerechtigkeit seien durch die Arten von Ungerechtigkeit, die sie bewirken, verknüpft. An dieser Verbindung müsse eine kritische Theorie der Gerechtigkeit ansetzen.
Normative Ordnungen des Digitalen – Konferenzbericht
Bericht von Magdalena von Drachenfels und Thea Riebe über die interdisziplinäre Konferenz vom 6. bis 7. Juli 2017 "Normative Orders of the Digital" des Exzellenzclusters "Die Herausbildung normativer Ordnungen"; Organisatoren Christoph Burchard, Dominik Brodowski, Christopher Daase, Matthias C. Kettemann, Alexander Peukert, Thorsten Thiel, Valentin Rauer. Bericht auf theorieblog.de: Hier...
„Dauerkrise Moderne“. Beschleunigung, Entfremdung und (k)ein Ende in Sicht?
Von Steffen Andrae
Dass an diesem Abend kein Sitzplatz frei blieb und manch ein Besucher dem Vortrag stehend folgen musste, verwunderte in Anbetracht des hochkarätigen Besuchs kaum. Hartmut Rosa sprach am 13. Juni 2017 unter dem Titel „Analyse, Diagnose, Therapie? Eine kritische Neubestimmung der Spätmoderne“ im Gebäude des Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“. Er ist Professor für Allgemeine und Theoretische Soziologie in Jena, Direktor des Max-Weber Kollegs in Erfurt und Sprecher der DFG-geförderten Kollegforschergruppe "Landnahme, Beschleunigung, Aktivierung. (De-)Stabilisierung moderner Wachstumsgesellschaften". Der mit seinen Büchern „Beschleunigung. Die Veränderung der Zeitstrukturen in der Moderne“ (2005) und „Resonanz: Eine Soziologie der Weltbeziehung“ (2016) vorgelegte gesellschaftstheoretische Großentwurf wurde nicht nur im akademischen Betrieb sehr positiv rezipiert, sondern auch von einer breiteren Öffentlichkeit aufgenommen. Rosa ist ein oft gesehener Gast in Radiosendungen, Talkshows und bei diversen Kongressen – ein engagierter Vortragsreisender und öffentlicher Intellektueller. Seine Überlegungen zu einem kritischen Gesamtbild der Moderne stellte er an diesem Abend in komprimierter Form vor.
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Veranstaltungsbericht zum Crisis Talk "Des Volkes Stimme? Der Aufstieg des Populismus als Krise Europas"
Von Thorsten Thiel
Der Aufschwung populistischer Parteien in Europa ist eine der am stärksten beachteten politischen Entwicklungen der letzten Jahre. Trotz einiger Dämpfer bei den jüngsten Wahlen 2017 haben insbesondere rechtspopulistische Bewegungen es verstanden, in zahlreichen Demokratien Europas Fuß zu fassen; populistische Rhetorik findet gar weit über die Grenzen dieser Akteure hinaus Verbreitung. Vor diesem Hintergrund fand der fünfte Crisis Talk des Leibniz-Forschungsverbundes Krisen einer globalisierten Welt und seiner Partner – der Vertretung des Landes Hessens bei der EU, dem Europa-Büro der Leibniz-Gemeinschaft und dem Frankfurter Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ erneut großes Interesse. Unter dem Titel „Des Volkes Stimme? Der Aufstieg des Populismus als Krise Europas“ diskutierten am 7. Juni 2017 Prof. Dr. Nicole Deitelhoff, Sprecherin des Forschungsverbundes und geschäftsführende Direktorin der HSFK und Principal Investigator des Exzellenzclusters "Die Herausbildung normativer Ordnungen", Prof. Dr. Ulrike Guérot, Professorin für Europapolitik und Demokratieforschung an der Donau-Universität Krems, und Thomas Mann, Mitglied des europäischen Parlaments (EVP-Fraktion).
„Die Dialektik der Nummer“. Ein Gespräch zwischen Bernd Stiegler und Christoph Menke über die Fotografie von Claudia Andujar
Von Steffen Andrae
Das Schwarzweißfoto, das die Veranstaltung ankündigte, zeigt eine junge indigene Frau, die ein Kind auf ihrem Schoß fest umschlungen hält. Ihr Oberkörper wird nur durch ein Armband aus Naturmaterialien geziert und auch das Kind ist nackt. Ihr Blick ist durchdringend und skeptisch, könnte aber auch Gleichgültigkeit signalisieren, der des Kindes spricht von Unlust. Ein Element des Fotos ist irritierend: um den Hals des Kindes hängt eine Nummernplakette mit der Zahl 66. Auch die Erwachsene scheint „markiert“ zu sein. Das lässt sich zwar nicht definitiv bestimmen, anhand der Halskette aber erahnen. Die Nummerierung der Fotografierten ruft ein reflexhaftes Unbehagen hervor. Es entsteht aus der intuitiv zugrunde gelegten Opposition von Nummerierung und Individualität. Doch deren Verhältnis ist nicht so eindeutig, wie es auf den ersten Blick scheint.
Unter dem Titel „Markiert sein oder markiert werden“ diskutierten der Literaturwissenschaftler Bernd Stiegler und der Philosoph Christoph Menke am 16. Mai 2017 im Museum für Moderne Kunst. Stiegler ist Professor für Neuere Deutsche Literatur an der Universität Konstanz, Menke Professor für Praktische Philosophie der Goethe-Universität Frankfurt am Main und Principal Investigator des Exzellenzclusters "Die Herausbildung normativer Ordnungen". Der Abend wurde moderiert von der Direktorin des Jüdischen Museums Frankfurt, Dr. Mirjam Wenzel. Im Zentrum des Gesprächs stand die Fotoserie „Marcados“ (dt. „Die Markierten“) der schweizerisch-brasilianischen Fotografin Claudia Andujar. Ihr entstammt das eingangs beschriebene Bild. Die Serie entstand im Rahmen der Vorbereitungen zu einer Schutzimpfung der Yanomami durch die brasilianische Regierung. Die Yanomami sind das größte relativ isoliert lebende indigene Volk Südamerikas.
„Die Basics erklären“ – Deutsche Außenpolitik nach vier Monaten Trump
Von Jerzy Sobotta
Der diplomatische Kontakt zwischen Deutschland und den USA überschlägt sich. Was heute noch als fest und verbindlich gilt, kann morgen bereits überholt sein. Die Bundesrepublik ist in ihren Beziehungen zur neuen US-Administration vor große Herausforderungen gestellt. Oliver Owcza, Leiter des Referats Nordamerika im Auswärtigen Amt, zog eine Zwischenbilanz über vier Monate Trump. Der Vortrag fand am 1. Juni 2017 in der Goethe-Universität Frankfurt im Rahmen der zwölfteiligen Ringvorlesung „Angriff auf die liberale Weltordnung – U.S. Außen- und Sicherheitspolitik unter Trump“ statt. Diese wird aus aktuellem Anlass vom Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ ausgerichtet und von Prof. Christopher Daase und Dr. Stephan Kroll organisiert.
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„Welche normativen Orientierungen braucht Europa?“ EU-Kommissar Günther Oettinger diskutierte mit dem Philosophen Rainer Forst
Von Bernd Frye
„The time is out of joint”, zitierte Rainer Forst Shakespeares „Hamlet”. Auch heute könne man den Eindruck gewinnen, die Zeit gerate „aus den Fugen“. Doch während Hamlet noch damit gehadert hatte, dass ausgerechnet er zur Welt gekommen sei, um diese „einzurichten“, war sich der politische Philosoph mit seinem prominenten Dialogpartner einig: Man muss die Herausforderungen jetzt in Angriff nehmen, damit sich für ein innovatives Projekt nicht schon bald die Schicksalsfrage stellt. Rainer Forst, Co-Sprecher des Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“, diskutierte an der Gothe-Universität mit Günther Oettinger, Haushaltskommissar der Europäischen Union. Das Arbeitsgespräch trug den programmatischen Titel: „Europäische Werte in der Krise – Welche normativen Orientierungen braucht Europa?“
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