Stadtgespräch des Clusters mit Christopher Clark

Diskussionsveranstaltung des Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ fragt nach historischen Schuldzuschreibungen

Terminänderung: Stadtgespräch mit Christopher Clark am 26. Mai!

FRANKFURT AM MAIN. Das nächste Frankfurter Stadtgespräch des Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ findet nicht, wie zunächst angekündigt, am 19, Mai statt. Die öffentliche Diskussionsrunde, bei der der Historiker Christopher Clark von der Universität Cambridge zu Gast sein wird, musste auf den 26. Mai verschoben werden. Ort und Uhrzeit bleiben gleich: Beginn ist um 19.00 Uhr im Historischen Museum Frankfurt (Fahrtor 2, Römerberg). Der Grund für die Verlegung liegt in erst jetzt bekannt gewordenen Terminüberschneidungen im umfangreichen Vortrags- und Einladungsprogramm von Christopher Clark, dessen Buch „Die Schlafwandler“ nach wie vor in vielen europäischen Ländern auf größtes Interesse stößt. Da der Gesprächspartner von Seiten des Clusters, der Frankfurter Historiker Andreas Fahrmeir, an dem neuen Termin wegen lange feststehender Verpflichtungen bedauerlicherweise verhindert ist, ergibt sich auch eine neue Besetzung des Podiums. Der Cluster freut sich, Christoph Cornelißen gewonnen zu haben. Er lehrt an der Goethe-Universität Neueste Geschichte und ist assoziiertes Mitglied des Exzellenzclusters.

Diese Terminänderung bezieht sich auf die Pressemitteilung vom 12. Mai („Stadtgespräch des Clusters mit Christopher Clark“). Hier folgt die aktualisierte Version:

Die Frage nach der Schuld stellt sich nicht nur im Strafrecht, sie gehört auch zu den großen Themen der Geschichte. Fast könnte man meinen, dass unsere Bewertung historischer Ereignisse, besonders kriegerischer Auseinandersetzungen, nicht ohne die Antwort darauf auskommt, wer im Unrecht war und zur Verantwortung gezogen werden muss. Beim 15. Frankfurter Stadtgespräch des Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ an der Goethe-Universität soll es grundsätzlich und epochenübergreifend um die Bedeutung, die Funktion und die Folgen von Schuldzuschreibungen in der Geschichte gehen. Die Podiumsdiskussion trägt den Titel: „Wer hat angefangen? – Sinn und Unsinn historischer Schuldzuschreibungen“. Sie findet am 26. Mai 2014 um 19.00 Uhr im Historischen Museum Frankfurt statt (Fahrtor 2, Römerberg).

Exemplarisch und mit Bezug auf das aktuelle Jubiläumsjahr rückt in der jüngsten Ausgabe des Frankfurter Stadtgesprächs auch der Erste Weltkrieg in den Fokus, für dessen Ausbruch viele Historiker lange Zeit vor allem Deutschland verantwortlich machten. Zu Gast bei der öffentlichen Veranstaltung ist der Historiker Christopher Clark von der Universität Cambridge, der in seinem Buch „Die Schlafwandler – Wie Europa in den ersten Weltkrieg zog“ einen differenzierteren Ansatz verfolgt. Sein Diskussionspartner ist Christoph Cornelißen, Professor für Neueste Geschichte an der Goethe-Universität. Die Moderation hat Klaus Günther, Co-Sprecher des Clusters und Rechtswissenschaftler mit den Forschungsschwerpunkten Strafrecht und Rechtsphilosophie. Das Stadtgespräch wird in Kooperation mit dem Kulturamt der Stadt Frankfurt am Main veranstaltet.

„Der Kriegsausbruch von 1914 ist kein Agatha-Christie-Thriller, an dessen Ende wir den Schuldigen im Wintergarten über einen Leichnam gebeugt auf frischer Tat ertappen. In dieser Geschichte gibt es keine Tatwaffe als unwiderlegbaren Beweis, oder genauer: Es gibt sie in der Hand jedes einzelnen Akteurs. So gesehen war der Kriegsausbruch eine Tragödie, kein Verbrechen.“ Das schreibt Christopher Clark in seinem „Schlafwandler“-Buch. Er widerspricht damit vor allem auch der These des deutschen Historikers Fritz Fischer aus den 1960er-Jahren, wonach Deutschland den Krieg aus Expansionsbestrebungen gezielt vorbereitet habe. Auch fragt Clark in seinem Buch, ob es denn überhaupt nötig sei, „dass wir ein Plädoyer gegen einen einzigen schuldigen Staat halten oder eine Rangordnung der Staaten nach ihrem jeweiligen Anteil an der Verantwortung für den Kriegsausbruch aufstellen“.

Zumindest ein Grund für die Suche nach den Hauptverantwortlichen mag selbst in weltgeschichtlichen Zusammenhängen darin bestehen, konkrete Haftungsfragen zu klären. Bei den Friedensverhandlungen in Versailles wurde die moralische Verantwortung für den Ausbruch des Krieges beim Deutschen Reich und seinen Bündnispartnern gesehen. Die letzte Rate in Verbindung mit den damals beschlossenen Reparationen leistete die Bundesrepublik im Oktober 2010, es waren 200 Millionen Euro.

Nach wie vor strittig ist, welche Rolle die Schuldzuweisung an das Deutsche Reich für die politischen Verhältnisse in der Weimarer Republik spielte und damit für die Katastrophe des Zweiten Weltkriegs und die von den Deutschen begangenen Menschheitsverbrechen. Gegen die Hauptkriegsverbrecher wurde in Nürnberg erstmals ein internationales Strafverfahren geführt. Und schließlich und nicht zuletzt: Gegenseitige Schuldzuweisungen wie beispielsweise im ehemaligen Jugoslawien vor dem Ausbruch des Bürgerkriegs zwischen den verschiedenen Ethnien prägen auch aktuelle Konflikte, sei es in der Ukraine oder auf dem afrikanischen Kontinent.

Christopher Clark, der in Cambridge Neuere Europäische Geschichte lehrt, steht bereits seit einigen Jahren in enger Verbindung mit dem Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ und dessen Forschungsthemen. Im Mai folgt der vielfach ausgezeichnete Historiker zum zweiten Mal einer Einladung des Clusters an das Forschungskolleg Humanwissenschaften der Goethe-Universität in Bad Homburg. Dort gehört er auch zu den ersten Fellows des neu gegründeten Historischen Kollegs.

Terminvorschau:

Eine weitere Gelegenheit, Clark „live“ zu sehen, besteht am 29. Mai auf dem Frankfurter Campus Westend. Dann hält er im Rahmen des Jubiläumsprogramms „100 Jahre Goethe-Universität“ einen vom Cluster ausgerichteten öffentlichen Vortrag zum Thema „Das Wilhelminische Deutschland und die Universität Frankfurt: Der Kontext der Kriegsjahre“.

Informationen im Internet:
Zum Stadtgespräch am 19. Mai: www.normativeorders.net/frankfurter-stadtgespraech
Zum Jubiläums-Vortrag am 29. Mai: www.normativeorders.net/gu-100

Kontakt:
Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“, Rebecca Caroline Schmidt (Geschäftsführerin), Tel.: 069/798-31401, This email address is being protected from spambots. You need JavaScript enabled to view it.; Bernd Frye (Pressereferent), Tel.: 069/798-31411, This email address is being protected from spambots. You need JavaScript enabled to view it.


Die Goethe-Universität ist eine forschungsstarke Hochschule in der europäischen Finanzmetropole Frankfurt. 2014 feiert sie ihren 100. Geburtstag. 1914 gegründet mit rein privaten Mitteln von freiheitlich orientierten Frankfurter Bürgerinnen und Bürgern fühlt sie sich als Bürgeruniversität bis heute dem Motto „Wissenschaft für die Gesellschaft“ in Forschung und Lehre verpflichtet. Viele der Frauen und Männer der ersten Stunde waren jüdische Stifter. In den letzten 100 Jahren hat die Goethe-Universität Pionierleistungen erbracht auf den Feldern der Sozial-, Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften, Chemie, Quantenphysik, Hirnforschung und Arbeitsrecht. Am 1. Januar 2008 gewann sie mit der Rückkehr zu ihren historischen Wurzeln als Stiftungsuniversität ein einzigartiges Maß an Eigenständigkeit. Heute ist sie eine der zehn drittmittelstärksten und drei größten Universitäten Deutschlands mit drei Exzellenzclustern in Medizin, Lebenswissenschaften sowie Geisteswissenschaften.

Herausgeber: Der Präsident, Abteilung Marketing und Kommunikation, Postfach 11 19 32, 60054 Frankfurt am Main
Redaktion: Dr. Olaf Kaltenborn, Abteilungsleiter, Telefon (069) 798 - 13035, Telefax (069) 798 - 763 12531,
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