„Brasil vs. Brasil“: Diskussion und Filmvorführung im Park

Öffentliche Veranstaltung des Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ am 3. Juli mit dem Dokumentarfilm „Vinegar Syndrome“ über die sozialen Proteste in Brasilien

Pressemitteilung

30. Juni 2014

FRANKFURT. Der 3. Juli ist bei der Fußballweltmeisterschaft ein spielfreier Tag - und bietet vielleicht schon deshalb die Gelegenheit, einen eher nüchternen Blick auf das Austragungsland zu werfen. Einerseits ist Brasilien eine fußballbegeisterte Nation. Andererseits gibt es dort soziale Probleme, die besonders im vergangenen Jahr Anlass für weltweit beachtete Proteste waren, bei denen Millionen von Menschen auf die Straße gingen. Die Kritik richtet sich nach wie vor auch gegen Aspekte der Vorbereitung und Durchführung der WM. Diese Ambivalenz aufnehmend, organisiert der Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ am 3. Juli um 20.30 Uhr unter dem Titel „Brasil vs. Brasil“ eine Podiumsdiskussion mit anschließender Filmvorführung. Auf dem Programm steht der Dokumentarfilm „Vinegar Syndrome“ der Regisseure Cesar Oiticica Filho und Tamur Aimara. Ort der Veranstaltung ist der kleine Park des Museum Angewandte Kunst (Schaumainkai 17). Der Eintritt ist frei.

Kooperationspartner der Veranstaltung sind das Kulturamt der Stadt Frankfurt am Main, das Museum Angewandte Kunst und die Artichoke Kulturproduktion. Die Podiumsdiskussion erörtert die gesellschaftspolitische Situation in Brasilien und greift dabei thematische Schwerpunkte des Films auf. Auf dem Podium sitzen Prof. Angela Keppler (Mediensoziologin der Universität Mannheim und assoziiertes Mitglied des Exzellenzclusters), Dr. Antonio Martins (Strafrechtler an der Goethe-Universität), Dr. Priska Daphi (Mitglied der Forschungsgruppe Herrschaft und Widerstand des Exzellenzclusters), Verena Lueken (Filmkritikerin im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung) und Dr. Joachim Bernauer (Abteilungsleiter Film, Rundfunk und Fernsehen am Goethe-Institut). Auch die Regisseure nehmen an der Diskussion teil. Die Moderation haben die Geschäftsführerin des Exzellenzclusters, Rebecca Caroline Schmidt, und Dr. Paula Macedo Weiß von der Artichoke Kulturproduktion.

Der Film „Vinegar Syndrome“ wird im Original mit englischen Untertiteln gezeigt. Die Vorführung beginnt bei Einbruch der Dunkelheit. Im Mittelpunkt der filmischen Dokumentationen, die die Regisseure als ein Projekt verstehen, das weiter fortgeschrieben wird, stehen die Proteste des vergangenen Jahres – und hier insbesondere der Zeitraum zwischen dem Polizeieinmarsch in das Indian Museum bis zum Papst-Besuch Ende Juli. Reflektiert werden u. a. die Demonstrationen gegen mangelnde Infrastruktur und unzureichende staatliche Fürsorge. „Vinegar Syndrome“ dokumentiert dabei auch gewaltsame Reaktionen der Polizei. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Art und Weise der Berichterstattung und der Rolle etablierter brasilianischer Medien, die in den Augen vieler Kritiker einseitig gegen die Protestbewegung Partei ergriffen hätten.

„Vandalismus“ und „Plünderungen“ – diese Begriffe fallen in einigen Nachrichtensendungen, die der Film in Auszügen dokumentiert, immer wieder. Den Demonstrierenden wird von Mainstream-Medien das Recht abgesprochen, eine soziale Bewegung zu sein. Auslöser für die Proteste waren Fahrpreiserhöhungen im öffentlichen Personennahverkehr. Im weiteren Verlauf richteten sich die Proteste auch allgemein gegen soziale Schieflagen und besonders gegen fehlende Bildungschancen sowie ein marodes Gesundheitssystem. Die Investitionen in die WM kämen, so die Kritik, vor allem dem Fußballweltverband Fifa zugute und nicht der Bevölkerung. Es seien überteuerte und überdimensionierte Stadien gebaut worden, die bald niemand mehr brauche. Zwar ruhen die Proteste während der WM weitgehend, das könnte sich aber ändern. „Die Enttäuschung ist jetzt größer, da klar geworden ist, dass die Verbesserungen nicht kommen werden“, so Antonio Martins, der aus Brasilien stammt und zu den Teilnehmern der Podiumsdiskussion gehört.

Nach Ansicht des Rechtswissenschaftlers Martins, der an der Goethe-Universität promoviert wurde und hier auch habilitiert, zeigt der Film, dass die brasilianische Polizei nicht darauf vorbereitet ist, angemessen mit Protesten umzugehen. Die Ordnungskräfte hätten häufig mit unverhältnismäßiger Gewalt auf meist friedliche Proteste reagiert. Der Film hat über weite Strecken das Geschehen während der Protestkundgebungen zum Inhalt. Zu sehen sind eher ruhige Sequenzen mit Menschen, die Sprechchöre skandieren, aber auch tumultartige Szenen, bei denen man zuweilen nicht weiß, wer nun mit wem aneinandergerät. Zu hören sind Argumente von Demonstrierenden, aber auch Statements von Politikern bis zur Staatspräsidentin Dilma Rousseff. Der Film besteht aus Collagen und schnellen Schnitten. Immer wieder sind auch Auszüge aus Reportagen von neuen und alternativen Medien zu sehen, die vor allem über das Internet Verbreitung finden und eine offizielle Lesart der Proteste konterkarieren.

Zu der Open-Air-Diskussion mit Filmvorführung am 3. Juli ab 20.30 Uhr sollten Sitzgelegenheiten, etwa Decken oder Klappstühle, mitgebracht werden. Getränke und Snacks kann man vor Ort kaufen. Bei schlechtem Wetter findet die Veranstaltung im Vortragssaal des Museum Angewandte Kunst (begrenzte Platzzahl) statt.

Kontakt: Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“:
Rebecca Caroline Schmidt (Geschäftsführerin), Tel.: 069/798-31401, This email address is being protected from spambots. You need JavaScript enabled to view it.; Bernd Frye (Pressereferent), Tel.: 069/798-31411, This email address is being protected from spambots. You need JavaScript enabled to view it.; www.normativeorders.net/brasil



Die Goethe-Universität ist eine forschungsstarke Hochschule in der europäischen Finanzmetropole Frankfurt. 2014 feiert sie ihren 100. Geburtstag. 1914 gegründet mit rein privaten Mitteln von freiheitlich orientierten Frankfurter Bürgerinnen und Bürgern fühlt sie sich als Bürgeruniversität bis heute dem Motto „Wissenschaft für die Gesellschaft“ in Forschung und Lehre verpflichtet. Viele der Frauen und Männer der ersten Stunde waren jüdische Stifter. In den letzten 100 Jahren hat die Goethe-Universität Pionierleistungen erbracht auf den Feldern der Sozial-, Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften, Chemie, Quantenphysik, Hirnforschung und Arbeitsrecht. Am 1. Januar 2008 gewann sie mit der Rückkehr zu ihren historischen Wurzeln als Stiftungsuniversität ein einzigartiges Maß an Eigenständigkeit. Heute ist sie eine der zehn drittmittelstärksten und drei größten Universitäten Deutschlands mit drei Exzellenzclustern in Medizin, Lebenswissenschaften sowie Geisteswissenschaften.“

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