Prof. Dr. Alexander Peukert

Im Erstantrag war eine mit tenure track verbundene Juniorprofessur (W1) zum „Schutz geistigen Eigentums“ vorgesehen. Diese Juniorprofessur wurde zum 1.11.2008 mit Alexander Peukert besetzt. Nachdem Peukert im ersten Halbjahr 2009 Rufe auf ordentliche Professuren an die Universitäten Bonn, Siegen und Linz/A abgelehnt hatte, wurde er im Rahmen einer Bleibevereinbarung im September 2009 zum Professor auf Lebenszeit (W3) an der Goethe-Universität ernannt. Die Professur trägt seither die Denomination „Bürgerliches Recht und Wirtschaftsrecht mit Schwerpunkt im internationalen Immaterialgüterrecht“.
Peukerts Forschungsschwerpunkt betrifft ein Fallbeispiel globaler Konflikte, die im Cluster analysiert werden. Darüber hinaus kommt den Rechten des geistigen Eigentums eine allgemeine Relevanz für die Fragestellung des Clusters zu. Denn diese Rechte legen die Spielregeln zulässiger Kommunikation fest. Hierauf wiederum ist die Clusterthematik mit ihrem Fokus auf Rechtfertigungsdiskurse generell ausgerichtet.

Die im Berichtszeitraum an der Professur geleistete Forschung zum geistigen Eigentum kann in zwei Hauptzweige eingeteilt werden. Erstens wurde den Grundbegriffen und -strukturen des internationalen Systems geistigen Eigentums nachgegangen. Das Verständnis dieser begrifflichen und dogmatischen Grundlagen ist Voraussetzung dafür, einschlägige Wandlungsprozesse nachzuvollziehen. Vorgelegt wurden Aufsätze zur Struktur und Wirkung von Ausschließlichkeitsrechten, die Individuen oder mehreren Personen/Gruppen bis hin zu indigenen Völkern zustehen, sowie zum Begriff des geistigen Eigentums, der selbst Rechtfertigungsnarrative transportiert und dazu tendiert, den Schutz dieser Rechte zum Selbstzweck zu erheben. Dabei drohen zuwiderlaufende Interessen am Zugang zu Wissen vernachlässigt zu werden. Jene werden häufig unter dem Banner der Gemeinfreiheit (public domain) vorgebracht. Zu Begriff, Funktion und Dogmatik dieses Gegen-Narrativs wurde ebenfalls eine umfangreiche Studie erstellt, die für das deutsche Recht, aber auch international Neuland betritt. Bereits vorab publiziert wurde ein rechtspolitischer Vorschlag für eine neue Institutionalisierung dieser Zugangsinteressen in Gestalt unabhängiger Beauftragter für die Gemeinfreiheit, analog zu den Datenschutzbeauftragten. Die Promotion einer Mitarbeiterin beschäftigte sich mit Nichtigkeitsverfahren als Instrumenten zum Schutz der Gemeinfreiheit. Zurückführen lassen sich diese Forschungen auf die Frage nach dem Verhältnis zwischen Eigentum und Freiheit. Zu diesem grundlegenden Thema hielt Peukert Gastvorlesungen an der Keio-Universität in Tokyo. Ferner veranstaltete Peukert gemeinsam mit dem Philosophen Christoph Menke (FF 1) ein interdisziplinäres Seminar an der Goethe-Universität zum Thema „Subjektive Rechte. Geschichte, Theorie, Kritik“.

Der zweite Hauptzweig der Forschung betraf das System geistigen Eigentums im Kontext der Globalisierung. Hierbei geht es um die Aufklärung von Wandlungsprozessen, die häufig als Krise dieses Rechtsgebiets wahrgenommen werden. Dabei wurde mit den Cluster-Projekten „Entwicklungszusammenarbeit“ (Prof. Kadelbach, FF 4) sowie „westliche Normen und lokale Medien in Afrika“ (Prof. Diawara, FF 2) kooperiert. Es entstanden zwei Promotionen zum Schutz traditionellen Wissens indigener Völker. Peukert hat ferner den Transfer westlicher Konzeptionen des Immaterialgüterrechts auf lokale Kulturpraktiken in Mali (Feldforschung 2009) sowie generell auf den seit langem propagierten Schutz traditionelles Wissen erforscht. Ferner wurde den Herausforderungen nachgegangen, die die digitale Kommunikation über das Internet für das internationale System geistigen Eigentums darstellt. So wurde in zwei Aufsätzen erläutert, welche Veränderungen das Internet im Urheberrecht nach sich gezogen hat und mit welchen rechtlichen und außerrechtlichen Strategien Rechtsinhaber, Regierungen und Nutzer (z.B. Google) ihre Interessen durchzusetzen versuchen. Ein anderer Beitrag geht der Frage nach, warum sonst rechtstreue Bürger massenhafte, strafbare Urheberrechtsverletzungen im Internet begehen und mit welchen Argumenten diese Akteure ihr rechtswidriges Verhalten rechtfertigen. Schließlich wurde in einem umfangreichen, rechtsvergleichend angelegten Beitrag zum „Extraterritoriality“-Projekt des Clusters (Prof. Zekoll, FF 4) der Problematik nachgegangen, dass die Rechte des geistigen Eigentums territorial beschränkt sind, während Kommunikation und Wirtschaft regelmäßig nicht an Staatsgrenzen Halt machen. Herkömmlich wurde diese Diskrepanz zwischen einem Flickenteppich von Rechten und globaler Kommunikation durch völkerrechtliche Konventionen gemildert. Da sich jedoch der Multilateralismus seit Jahren in einer Sackgasse befindet, versuchen viele Staaten auf unilateralem Wege, Regelungshoheit zurückzugewinnen, indem sie ihre Immaterialgüterrechtsordnung auf extraterritoriale Sachverhalte erstrecken. Im Berichtszeitraum arbeitete Peukert insoweit auch an einer internationalen Forschergruppe der Max-Planck-Gesellschaft mit, die Modellregelungen zum anwendbaren Recht und zur Gerichtszuständigkeit bei transnationalen Immaterialgüterrechtssachverhalten entwickelt. Eine vom Cluster geförderte Promotion erforschte Konzepte zur Koordinierung solch multinationaler, paralleler Gerichtsverfahren. Hierbei wurde insbesondere die Kooperation von Gerichten untersucht. Dieses Modell dürfte in einem transnationalen, heterarchischen System ohne gemeinsame Höchstinstanz künftig eine wesentliche Rolle spielen.

Publikationen:
Peukert, Alexander (2012): Die Gemeinfreiheit. Begriff, Funktion, Dogmatik (Geistiges Eigentum und Wettbewerbsrecht, Band 63), Tübingen: Mohr Siebeck, VIII, 321 S.
Peukert, Alexander (2013): “Comments and Notes to the Preamble and to Art. 2:701-2:706” (with Mireille van Eechoud) of the CLIP Principles, European Max Planck Group on Conflict of Laws in Intellectual Property (CLIP), Conflict of Laws in Intellectual Property, The CLIP Principles and Commentary, Oxford: Oxford University Press, 25-46, 193-222.
Peukert, Alexander (2010): „Vor §§ 12 ff., 12-14, 39, 42, 62, 93 UrhG“, in: Gerhard Schricker/Ulrich Loewenheim (Hg.), Urheberrecht, Kommentar (4. Aufl. 2010), 275-342, 836-847, 862-874, 1223-1231, 1749-1760 (Neubearbeitung der Kommentierung von Adolf Dietz).
Peukert, Alexander (2010): “§§ 37, 38, 40, 41 UrhG“, in: Gerhard Schricker/Ulrich Loewenheim (Hg.), Urheberrecht, Kommentar (4. Aufl. 2010), 823-836, 847-862 (Neubearbeitung der Kommentierung von Gerhard Schricker).
Peukert, Alexander (2010): „Urheberpersönlichkeitsrecht“, in: Ulrich Loewenheim (Hg.), Handbuch des Urheberrechts (2. Aufl. 2010), §§ 15-17, 206-226, 236-255 (Neubearbeitung der Kommentierung von Adolf Dietz)
Peukert, Alexander (2013): “The Fundamental Right to (Intellectual) Property and the Discretion of the Legislature”, Goethe University, Faculty of Law, Research Paper No. 7/2013, forthcoming in: Christophe Geiger (Hg.), Human Rights and Intellectual Property: From Concepts to Practice.
Peukert, Alexander (2013): „Ein wissenschaftliches Kommunikationssystem ohne Verlage - zur rechtlichen Implementierung von Open Access als Goldstandard wissenschaftlichen Publizierens“, Goethe Universität Frankfurt am Main, Fachbereich Rechtswissenschaft, Arbeitspapier Nr. 5/2013, (auch erschienen in: Michael Grünberger/Stefan Leible, Die Kollision von Urheberrecht und Kommunikationsverhalten der Nutzer im Informationszeitalter, Tübingen: Mohr Siebeck, 2014.)
Peukert, Alexander (2013): “Das Verhältnis zwischen Urheberrecht und Wissenschaft: Auf die Perspektive kommt es an!“, Goethe Universität Frankfurt am Main, Fachbereich Rechtswissenschaft, Arbeitspapier Nr. 5/2013.
Peukert, Alexander (2013): „Das Urheberrecht und der Wandel des wissenschaftlichen Kommunikationssystems“, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, (gemeinsam mit Marcus Sonnenberg).
Peukert, Alexander (2013): „Der digitale Urheber“, in: Winfried Bullinger u.a., Festschrift für Artur-Axel Wandtke zum 70. Geburtstag, S. 455-463; zugleich Goethe-Universität Frankfurt am Main, Fachbereich Rechtswissenschaft, Arbeitspapier Nr. 4/2013.
Peukert, Alexander (2014): „Immaterialgüterrecht und Entwicklung“, Goethe Universität Frankfurt am Main, Fachbereich Rechtswissenschaft, Arbeitspapier Nr. 3/2013, (auch erschienen in: Philipp Dann/Stefan Kadelbach/Markus Kaltenborn, Entwicklung und Recht. Eine systematische Einführung, Baden-Baden: Nomos, 2014).
Peukert, Alexander (2013): „Intellectual property: the global spread of a legal concept”, Goethe University Frankfurt am Main, Faculty of Law, Research Paper Series No. 2/2013.
Peukert, Alexander (2013): „The Colonial Legacy of the International Copyright System”, in: Mamadou Diawara & Ute Röschenthaler (Hg.), Staging the Immaterial. Rights, Style and Performance in Sub-Saharan Africa, Oxford: Sean Kingston.
Peukert, Alexander (2012): “Territoriality and Extraterritoriality in Intellectual Property Law”, in: Günther Handl/Joachim Zekoll/Peer Zumbansen (Hg.), Beyond Territoriality: Transnational Legal Authority in an Age of Globalization (Queen Mary Studies in International Law), Brill Academic Publishing, Leiden/Boston, 189-228.
Peukert, Alexander (2012): “Why do "good people" disregard copyright on the internet?”, in: Christophe Geiger (Hg.), Criminal Enforcement of Intellectual Property: A Handbook of Contemporary Research, Edward Elgar Publishing Cheltenham/Northampton, 151-167.
Peukert, Alexander (2012): “Intellectual Property”, in: Jürgen Basedow/Klaus J. Hopt/Reinhard Zimmermann (Hg.), The Max Planck Encyclopaedia of European Private Law, Volume I, Oxford University Press, 926-930.
Peukert, Alexander (2012): “Related Rights”, in: Jürgen Basedow/Klaus J. Hopt/Reinhard Zimmermann (Hg.), The Max Planck Encyclopedia of European Private Law, Volume II, Oxford University Press, 1443-1446.
Peukert, Alexander (2012): „Eigentum und Freiheit“ (Shoyūken to Jiyū), Keio Law Journal, 425-469.
Peukert, Alexander (2011): “A European Public Domain Supervisor”, in: IIC, 125-129.
Peukert, Alexander (2011): “The competitive significance of collective trademarks,in Jan Rosén” (Hg.), Individualism and Collectiveness in Intellectual Property Law, Edward Elgar Publishing Cheltenham/Northampton, 241-254.
Peukert, Alexander (2013): „Das Prinzip der Selbstverantwortung im Lauterkeitsrecht“, in: Karl Riesenhuber (Hg.), Das Prinzip der Selbstverantwortung, Mohr Siebeck: Tübingen, 395-422; (besprochen von Meder, AcP 213 (2013), 305-315).
Peukert, Alexander (2011): “"Sonstige Gegenstände" im Rechtsverkehr“, in: Stefan Leible/Matthias Lehmann/Herbert Zech (Hg.), Unkörperliche Güter im Zivilrecht, Mohr Siebeck: Tübingen, 95-122, (besprochen von Mecke, UFITA 2012, 301-304).
Peukert, Alexander (2011): „Individual, multiple and collective ownership of intellectual property rights – Which impact on exclusivity?”, in: Annette Kur/Vytautas Mizaras (Hg.), The Structure of Intellectual Property Law (ATRIP Series), Aldershot, UK/Brookfield, U.S.: Edward Elgar, 195-225.
Peukert, Alexander (2011): “Intellectual Property as an End in Itself?”, in: European Intellectual Property Review (EIPR), 67-71.
Peukert, Alexander (2011): “Beauftragte für die Gemeinfreiheit“, MMR 2011, 73-74.
Peukert, Alexander (2010): “Deutschland v. Google: Dokumentation einer Auseinandersetzung“, UFITA 2010/II, 477-487.
Peukert, Alexander (2010): „hartplatzhelden.de - Eine Nagelprobe für den wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz“,WRP 2010, 316-321.

Veranstaltungen:
Vortrag von Prof. Martin Kretschmer, Limitless Copyright?, 5. November 2013.
Vortrag von Prof. Philipp Theisohn, Kopieren, Zitieren, Paraphrasieren. Die Grenzen des literarischen Eigentums, 6. Juni 2013.
Vortrag von Prof. Shubha Ghosh, Identity & Invention: The Culture of Personalized Medicine Patenting.
Vortrag von Dr. Thomas Jaeger, Stand und Perspektiven des EU-Patents, 04.07.2012.
Vortrag von Prof. Graeme Dinwoodie, The Community Trade Mark and Visions of Europe, 29. Mai 2012.
Vortrag von Prof. Dan Burk, Patent Law's Problem Children: Patentable Subject Matter in Transatlantic Perspective, 24. November 2011.
Tagung Verwaiste Werke im europäischen und deutschen Urheberrecht, ALAI Deutschland, 30. November 2011.
Intellectual Property Rights in Asia: The Facts, the Myths, and the Future sowie IP Infringers or Innocent Bystanders? Consumers, Facilitators & Intermediaries, Prof. David Llewelyn, 18.-19.10.2011.
Grenzen der Rechtsdurchsetzung im Immaterialgüterrecht, Arbeitsgruppensitzung der Fachgruppe für Vergleichendes Handels- und Wirtschaftsrecht, Jahrestagung der Gesellschaft für Rechtsvergleichung, Trier, 16.9.2011.
Freedom of Speech and Intellectual Property: Conceptualizing the Conflict(s), XXV. Weltkongres für Rechts- und Sozialphilosophie, gemeinsam mit Prof. Peter Niesen, 16.8.2011.
The Trips Agreement: Fifteen Years Later, Vortrag von Prof. Susan K. Sell, 12.5.2011.
Die Wettbewerbsordnung als Normative Ordnung, Vortrag Dr. Horst Satzky, in Kooperation mit dem Graduiertenkolleg Law and Economics of Money and Finance, 19.1.2010.


Aktuelles

Nicole Deitelhoff erhält LOEWE-Spitzen-Professur an Goethe-Universität und HSFK

Die Co-Sprecherin des Forschungszentrums "Normative Ordnungen" Prof. Nicole Deitelhoff erhält eine LOEWE-Spitzen-Professur des Landes Hessen. Wir freuen uns, dass diese Förderung ihre Forschungen zur Produktivität von Konflikten auch weiterhin fruchtbar machen wird. Weitere Informationen: Hier...

Normative Orders Newsletter 02|23 erschienen

Der Newsletter aus dem Forschungszentrum „Normative Ordnungen“ versammelt Informationen über aktuelle Veranstaltungen, Neuigkeiten und Veröffentlichungen. Zur zweiten Ausgabe: Hier...

Nächste Termine

5. Juni 2023, 18.15 Uhr

ConTrust Speaker Series: Prof. Dr. Armin von Bogdandy (MPI für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Goethe-Universität, ConTrust): Vertrauen und Konflikt in der europäischen Gesellschaft. Mehr...

6. Juni 2023, 14 Uhr

Buchdiskussion mit Christoph Menke: Theorie der Befreiung. Über den Ausgang aus der inneren Knechtschaft. Mehr...

6. Juni 2023, 19 Uhr

Public Lecture: Michael J. Sandel (Harvard University): Democracy's Discontent. More...

7. Juni 2023, 18.15 Uhr

Stiftungsgastprofessur „Wissenschaft und Gesellschaft“ der Deutschen Bank AG: "Das Bauwerk der Demokratie": Prof. Dr. Andreas Fahrmeir (Goethe-Universität, Normative Orders): Demokratie, Nation und Europa – damals und heute. Mehr...

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