Internationale Konferenz zu Global Health Justice im Juli

  • Beitrag veröffentlicht:21. Juni 2024

Im Bezug auf gute Gesundheit gibt es weltweit gewaltige Unterschiede. Während manche Menschen in der Lage sind, lange Leben mit Zugang zu qualitativer medizinischer Behandlung zu führen, ist für andere die durchschnittliche Lebenszeit im Vergleich deutlich verkürzt, was sich beispielsweise an der Prävalenz vermeidbarer Krankheiten und der Todesrate von Kindern gut veranschaulichen lässt. Während der Covid-19-Pandemie waren die globalen Asymmetrien im Bezug auf Gesundheitsthemen außerdem besonders sichtbar.

Die Konferenz „Global Health Justice: Bridging Theory & Practice“ bringt nun renommierte Theoretiker:innen und empirische Forscher:innen des Forschungsfeldes der Global Health Justice sowie Praktiker:innen der Gesundheitsarbeit zusammen, um die Lücke zwischen Theorie und Praxis bei globaler Gesundheit zu diskutieren und zu verkleinern. Dazu werden auf der Konferenz voraussichtlich zwei Keynotes und drei Panels abgehalten, in denen unter anderem Theorien des Forschungsfeldes zwischen Bioethik, politischer Philosophie und Recht, Erfahrungen aus der Praxis sowie gegenwärtigen Gesundheitsproblematiken diskutiert werden.

Die Veranstaltung wird vom Global Health Justice-Programm der Goethe-Universität, das von der Höppschen Stiftung finanziert wird, sowie vom Forschungszentrum Normative Ordnungen ausgerichtet.

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Dr. Regina Schidel erhält den WISAG-Preis 2024

  • Beitrag veröffentlicht:20. Juni 2024
Dr. Regina Schidel – Foto: David Ausserhofer

Für ihre Dissertation mit dem Titel „Relationalität der Menschenwürde. Zum gerechtigkeitstheoretischen Status von Menschen mit geistiger Behinderung“ wurde Dr. Regina Schidel mit dem WISAG-Preis 2024 ausgezeichnet.
Mit dem Preis wird jährlich die beste sozial- oder geisteswissenschaftliche Dissertation, die sich mit Prozessen und Bedingungen des gesellschaftlichen Zusammenhalts befasst ausgezeichnet. Der Preis ist mit 5.000 € dotiert und wurde erstmals 2008 durch den Firmengründer Claus Wisser († 2023) getiftet.
Dr. Regina Schidel ist gegenwärtig Postdoktorandin der Forschungsinitiative „ConTrust – Vertrauen im Konflikt“ am Forschungszentrum „Normative Ordnungen“ und verfasste die Arbeit am Institut für Politikwissenschaft und am Institut für Philosophie. Ihr Erstbetreuer war Prof. Dr. Rainer Forst.
Ihre ausgezeichnete Arbeit analysiert die Diskriminierungsform des Ableismus, d.h. die Schlechterstellung von Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen, aus philosophischer und gesellschaftstheoretischer Perspektive. Auf die Frage, was eine besondere Herausforderung während ihres Forschungsprozesses darstellte, antwortet die Preisträgerin: „Ich bin vor allem zu Beginn meiner Forschung auf Workshops und Fachtagungen immer wieder dem Vorurteil begegnet, Fragen der geistigen Behinderung und der Diskriminierung von Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen seien eigentlich gar nicht ‚philosophisch‘, weil Philosophie diejenige Disziplin sei, die sich doch mit Vernunft und vernünftiger Subjektivität beschäftige“.

Der Preis wird am 25. Juni ab 17 Uhr auf der Akademischen Feier der Vereinigung von Freunden und Förderern der Goethe-Universität e.V. auf dem Campus Westend der Goethe-Uniersität, Hörsaal A, SKW-Gebäude, verliehen. Weitere Informationen und Anmeldung zur Verleihung: Hier…

Die Grundlagen öffentlicher Macht – Frankfurt Lectures mit dem renommierten Kant-Experten Arthur Ripstein am 8. und 9. Juli

  • Beitrag veröffentlicht:19. Juni 2024

Mit welchem Recht darf ein Staat für sich Hoheitsgewalt beanspruchen? Wie muss das Handeln seiner Repräsentant:innen beschränkt werden, sodass dadurch keine herrschaftliche Willkür, sondern demokratische Selbstgesetzgebung zum Ausdruck kommt? Und wie müsste ein Begriff der Öffentlichkeit aussehen, der darauf Antworten liefert, die auf der Höhe der Zeit sind? Diesen Fragen stellt sich der kanadische Philosoph Arthur Ripstein in den anstehenden Frankfurt Lectures „The Idea of the Public: Two Kantian Themes“ am Montag und Dienstag, den 8. und 9. Juli 2024, jeweils um 18:15 Uhr im Raum EG.01 des Gebäudes „Normative Ordnungen“.
Seine Antworten entwickelt Ripstein im Ausgang von der Philosophie Immanuel Kants, dessen Geburtstag sich dieses Jahr zum 300. gejährt hat, der aber immer noch Problemlösungen für die Herausforderungen der Gegenwart parat hält. Die erste Vorlesung „The Idea of the Public“ am 8. Juli widmet sich der Grundsatzfrage nach der Rechtfertigung für staatliche Hoheitsrechte, etwa Steuern zu erheben oder Verbrechen zu bestrafen. Ripstein grenzt seinen kantischen Ansatz eines genuin öffentlichen Vernunftgebrauchs von gängigen wissenschaftlichen Positionen ab und gibt dem demokratischen Rechtsstaat dadurch eine neue Grundlage. Die zweite Vorlesung am 9. Juli wendet sich unter dem Titel „Giving Laws to Ourselves“ dem Problem zu, dass jede Ausübung öffentlicher Macht letztlich von Entscheidungsträger:innen abhängt, die individuelle Faktoren in ihre Handlungen einfließen lassen. Es erhebt sich daher die schwierige Frage, wie deren mögliche Willkür so eingegrenzt werden sollte, dass die Entscheidungen auch seitens der von ihnen Betroffenen als Ausdruck von Selbstgesetzgebung verstanden werden können.

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Der öffentliche Gebrauch der Vernunft. Jürgen Habermas wird 95 Jahre alt. Von Rainer Forst

  • Beitrag veröffentlicht:18. Juni 2024

Am 18. Juni wird Jürgen Habermas, der die Geistes- und Sozialwissenschaften der Goethe-Universität nachhaltig geprägt hat, 95 Jahre alt, und dazu sendet unsere wissenschaftliche Community, der er nach wie vor aktiv angehört, die herzlichsten Glückwünsche. Bis heute ist Habermas‘ wissenschaftliche und intellektuelle Stimme national und international eine der meistgehörten, und wir wünschen von Herzen, dass es noch lange so bleiben möge.

Wir erinnern uns mit großer Freude an den 90. Geburtstag, den die Normativen Ordnungen an unserer Universität ausrichteten und an dem Jürgen Habermas uns mit einem großen Vortrag, seinem letzten öffentlichen, beschenkte. Unter dem Titel „Noch einmal: Zum Verhältnis von Moralität und Sittlichkeit“ ließ er die großen geschichtsphilosophischen Entwürfe von Kant, Hegel und Marx Revue passieren und setzte sie zu seiner eigenen Philosophie in Beziehung. Er zeichnete die Überlegungen der drei Großen, die sein Denken stark bestimmt haben, bezüglich der Frage nach der Vernunft in der Geschichte nach und verlieh seiner letztlich moralisch begründeten Hoffnung Ausdruck, dass die Vernunft ihre Arbeit an einer Verbesserung der gesellschaftlichen Verhältnisse niemals, trotz aller Enttäuschungen, die der Lauf der Dinge bereithält, aufgeben darf. Dies schon um derer willen nicht, deren Kampf für Gerechtigkeit nicht vergebens gewesen sein soll, und angesichts der Vielen nicht, die unter Ungerechtigkeit leiden.

Dabei ist es in erster Linie Kant, dessen 300. Geburtstag wir im Frühjahr feierten, auf den Habermas sich beruft, wenn er an dem Imperativ festhält, die Zeiten, in denen wir leben, durch den „öffentlichen Gebrauch der Vernunft“ aufzuklären, also im Diskurs der Betroffenen selbst. Das ist sein Lebensthema, das sich durch all seine Schriften zieht: Emanzipation durch kommunikative Vernunft, die die Anstrengung auf sich nimmt, ihre eigenen, auch sozial und systemisch verursachten Blockaden zu erkennen und zu überwinden. Mit Hegel hält Habermas freilich daran fest, dass diese Arbeit sich vergangener Lernprozesse versichern muss, um daraus Orientierung und Ermutigung zu gewinnen. Und mit Marx schließlich besteht er darauf, dass es die Aufgabe der Philosophie und der Wissenschaften insgesamt ist, das individuelle und soziale Leben nicht nur zu verbessern, sondern von den Beschränkungen zu befreien, die ideologisch als naturgemäß und unabweislich verklärt werden. Dabei arbeitet die Vernunft wie ein „Maulwurf“, und zwar „im Modus der fehlbaren (…) Lernprozesse der vergesellschafteten Subjekte selber“.

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Mehr als 3000 Menschen verfolgten damals den Vortrag, und er bewies, auf welch besondere Weise Habermas das Denken der die Frankfurter Universität kennzeichnenden kritischen Theorie verkörpert: Ein Denken, das theoretisch umfassend fundiert ist, und zwar in einem Zusammenspiel von Philosophie und Sozialwissenschaften, und zugleich praktisch orientiert ist, ohne die Komplexität der Vermittlungsstufen zwischen Theorie und Praxis zu verkennen. Habermas‘ Werk ist auch in dem Sinne einzigartig, dass er diese Vermittlung auf den Begriff bringt und sie zugleich mit seinen öffentlichen Interventionen praktiziert. Auch in den letzten Jahren hat er sich zu zentralen Fragen unserer Zeit pointiert zu Wort gemeldet – ob es das Schicksal Europas ist, die Weichenstellungen der Pandemiebekämpfung, der von Russland entfesselte Krieg in der Ukraine oder die Situation, die nach dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 nicht zuletzt in Deutschland entstanden ist.

Am Ende seines denkwürdigen Vortrags ließ Habermas die drei Perioden seines wissenschaftlichen Lebens, die er in Frankfurt verbrachte, kurz vorüberziehen: die Zeit als Assistent Adornos in der zweiten Hälfte der Fünfziger Jahre, die Zeit als Nachfolger Horkheimers auf dessen Professur in den Sechzigern und schließlich die Rückkehr in den Achtzigern nach Beendigung der Direktorenschaft des Max-Planck-Instituts in Starnberg. Die letzte Periode bezeichnete er als die „befriedigendste Zeit meines akademischen Lebens“ in der „freien Luft“ der Goethe-Universität, und er wünschte uns allen mit Blick auf die Gegenwart, dass der besondere, offene und kritische Geist, der diese Universität bis heute prägt, auf dem neuen Campus Westend sprießen und seine „schützenden Nischen“ finden möge. Dem sehen wir uns in unserer Arbeit verpflichtet, denn die Fragen, die wir als Schüler*innen und Kolleg*innen von Habermas mit ihm behandelt haben, insbesondere die nach der Zukunft der Demokratie, lassen uns nicht ruhen.

Seine jüngsten Werke nehmen diese Fragen auf und geben seinem Denken eine neue Wendung, wie es sich für eine Philosophie mit, wie Adorno es formulierte, „Zeitkern“ gehört. Im Anschluss an seinen Geburtstagsvortrag versammelten sich seinerzeit seine wichtigsten Weggefährt*innen zu einer zweitägigen Konferenz, um das im Erscheinen begriffene monumentale zweibändige Werk Auch eine Geschichte der Philosophie zu diskutieren. Auf eine Weise, die nur Habermas eigen ist, verfolgt er im Durchgang durch die Geschichte der westlichen Philosophie eine zentrale Idee, die in der Tradition der Dialektik der Aufklärung von Horkheimer und Adorno steht: die Kritik einseitiger Formen der Rationalität, die zu reduktionistischen Vorstellungen gesellschaftlicher Interaktion oder individuellen Handelns führen. In der Reflexion auf die Gefahren einer „entgleisenden Moderne“ spielt in diesem Buch der Dialog zwischen philosophischer Vernunft und religiösem Glauben eine entscheidende Rolle. Habermas rekonstruiert historisch bedeutsame Übersetzungsleistungen von der religiösen in eine säkulare Sprache, so in Bezug auf den Begriff der menschlichen Würde, fordert zugleich aber dazu auf, etwa angesichts bioethischer Herausforderungen diese Übersetzungsarbeit nicht als abgeschlossen zu betrachten. Das von Habermas ausgezeichnete „nachmetaphysische“ Denken schaut in diesem Werk auf seine eigene Genese zurück, sieht sich aber nicht als passives, kontingentes Produkt dieser Geschichte an. Die Vernunft schreibt ihre Geschichte von ihrem eigenen Standpunkt aus, sieht dabei aber, dass sie sich für weitere Lernprozesse offenhalten muss, wohl wissend, wie Habermas schreibt, dass die Vernunft, die an der Gegenwart klebte, „mit dem Verschwinden jeden Gedankens, der das in der Welt Seiende im Ganzen transzendiert, selber verkümmern“ würde.

Ein in diesem Jahr erschienener Band mit dem Titel Vernünftige Freiheit diskutiert diesen Ansatz und enthält eine beeindruckende, ausführliche Replik von Habermas auf eine große Zahl detaillierter Kritiken. Hier zeigt sich seine Philosophie einerseits, wie Hegel sagte, als ihre Zeit in Gedanken gefasst, weist zugleich aber weit zurück auf frühere Epochen der Philosophie und nach vorne, auf die Herausforderungen der Zukunft.

Ein weiteres jüngst erschienenes Buch von Habermas wirft eine nicht minder aktuelle Frage auf, diesmal stärker soziologisch informiert. Ihm zufolge muss der Begriff der kommunikativen Vernunft einerseits philosophisch entfaltet werden; andererseits aber ist die Realisierung dieser Form der Rationalität eine Frage, für die es der Sozial- und Rechtswissenschaften bedarf. So kehrt er in Ein neuer Strukturwandel der Öffentlichkeit sechzig Jahre nach dem Erscheinen seiner Habilitationsschrift über den Strukturwandel der Öffentlichkeit zu diesem Thema zurück. Das Buch, das jüngst der Gegenstand einer Tagung mit ihm gemeinsam war, zeigt die Möglichkeiten, aber besonders die Gefährdungen des öffentlichen Vernunftgebrauchs und einer informierten politischen Öffentlichkeit unter den neuen Medienbedingungen unserer Zeit auf; seine Sorge gilt insbesondere dem Einfluss der neuen sozialen Medien und ihrer Tendenz zur Fragmentierung der Öffentlichkeit und der Aufspaltung in „Halböffentlichkeiten“, die ihre eigenen Wahrheiten produzieren. Ob unter diesen Bedingungen an einem Ideal „deliberativer Demokratie“ festgehalten werden kann, ist eine Frage, die Habermas wie auch viele andere umtreibt. Denn demokratische Selbstregierung, politische Autonomie, setzt einen gemeinsam geteilten Raum politischer Rechtfertigung voraus, der stets neu erschaffen, aber auch dort, wo er besteht, erhalten werden muss.

Dieses Verständnis der Autonomie ist es denn auch, das Habermas in seinem großen Vortrag vor fünf Jahren eindrucksvoll in Erinnerung rief, indem er sagte: „Nur die Freiheit erfüllt den Begriff der Autonomie, von der wir wissen, dass niemand wirklich frei ist, bevor es nicht alle sind.“

Nicht nur Schüler wie der Autor dieser Zeilen schulden Jürgen Habermas Dank dafür, diesen Gedanken ins Zentrum seines philosophischen, aber auch seines gesellschaftstheoretischen Werks gerückt zu haben. Es ist in seiner Breite und Tiefe singulär in einer wissenschaftlichen Landschaft, die sich immer weiter spezialisiert und beschränkt.

Wir gratulieren noch einmal von Herzen und hoffen auf viele weitere Möglichkeiten zum gemeinsamen Denken.

Rainer Forst ist Professor für Politische Theorie und Philosophie an der Goethe-Universität und Direktor des Forschungszentrums Normative Ordnungen.

The Public Use of Reason. Jürgen Habermas Turns 95 Years Old

  • Beitrag veröffentlicht:18. Juni 2024

By Rainer Forst

On June 18, Jürgen Habermas, who has had a lasting impact on the humanities and social sciences at Goethe University, turns 95, and our academic community, of which he is still an active member, sends its warmest congratulations. To this day, Habermas’ academic and intellectual voice is one of the most widely heard both nationally and internationally, and we sincerely hope that it will remain so for a long time to come.

We fondly remember the 90th birthday celebration organized by Normative Orders at our university, during which Jürgen Habermas delivered a major lecture, his last public one. Under the title “Once Again: On the Relationship between Morality and Ethical Life,” he reflected on the eminent philosophies of history of Kant, Hegel and Marx, connecting them to his own view. He traced the thoughts of the three towering figures, who had a strong influence on his thinking, on the question of reason in history and expressed his ultimately morally based hope that reason shall never give up striving to improve social conditions despite all the disappointments along the course of events: if only for the sake of those whose struggle for justice should not have been in vain and in view of the countless who suffer from injustice.

It is primarily Kant, whose 300th birthday we celebrated in the spring, to whom Habermas refers when he insists on the imperative to enlighten the times in which we live through the “public use of reason,” that is, through the discourse of those affected. This is his life’s theme, which runs through all of his writings: Emancipation through communicative reason, which takes upon itself the effort to recognize and overcome its own blockages, including those caused by social and systemic factors. With Hegel, Habermas demands that this project must assure itself of past learning processes to gain orientation and encouragement from them. Finally, with Marx, he insists that it is the task of philosophy and the sciences as a whole not only to improve individual and social life but also to free it from the limitations that are ideologically declared as natural and inevitable. In doing so, reason works like a “mole,” namely “through the socialized subjects’ own fallible […] learning processes.”

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More than 3,000 people attended the lecture at the time. It was exemplary for the particular way in which Habermas embodies the thinking of critical theory characterizing Frankfurt University: a thinking that is theoretically comprehensively grounded in an interplay between philosophy and the social sciences and, at the same time, practically oriented without misjudging the complexity of the stages of mediation between theory and practice. Habermas’ work is also unrivaled in the sense that he conceptualized this mediation and simultaneously practices it with his public interventions. In recent years also, he has spoken out pointedly on central issues of our time – whether it is the fate of Europe, the course set in the fight against the pandemic, the war unleashed by Russia in Ukraine or the situation that has arisen, not least in Germany, following Hamas’ attack on Israel on October 7, 2023.
At the end of his memorable lecture, Habermas briefly reviewed the three periods of his academic life that he spent in Frankfurt: his time as Adorno’s assistant in the second half of the 1950s, his time as Horkheimer’s successor in his professorship in the 1960s and finally his return in the 1980s after completing his directorship of the Max Planck Institute in Starnberg. He described the last period as the “most satisfying time of my academic life” in the “free air” of Goethe University. And with a view to the present, he expressed his wish that the particular, open and critical spirit that still characterizes this university today would sprout on the new Westend campus and find its “protective niches.” We are committed to this in our work because the questions that we dealt with as students and colleagues of Habermas, especially those concerning the future of democracy, will not let us rest.
His most recent works take up these questions and give his thinking a new twist, as befits a philosophy with, as Adorno put it, a “nucleus of time.” Following his birthday lecture, his most important companions gathered for a two-day conference to discuss his monumental two-volume work Also a History of Philosophy, which was about to be published. In a way that is unique to Habermas, he pursues a central idea in his passage through the history of Western philosophy that stands in the tradition of Horkheimer’s and Adorno’s Dialectic of Enlightenment: the critique of one-sided forms of rationality that lead to reductionist ideas of social interaction or individual action. In reflecting on the dangers of a “derailed modernity,” the dialogue between philosophical reason and religious faith plays a decisive role in this book. Habermas reconstructs historically significant translations from religious to secular language, for example, with regard to the concept of human dignity, but at the same time calls for this translation work not to be regarded as complete, for instance, in view of bioethical challenges. In this work, the “post-metaphysical” thinking displayed by Habermas looks back on its genesis but does not see itself as a passive, contingent product of this history. Reason writes its history from its own standpoint but recognizes that it must keep itself open to further learning processes, knowing full well, as Habermas writes, that reason, which clings to the present, “would wither away with the disappearance of any thought transcending what exists in the world as a whole.”
A volume published this year entitled Vernünftige Freiheit (as before a symposium in Constellations) discusses this approach and contains an impressive, elaborate response by Habermas to numerous detailed critiques. Here, his philosophy proves to be, on the one hand, as Hegel said, capturing its time in thought, but at the same time points far back to earlier epochs of philosophy and forward to the challenges of the future.
Another recently published book by Habermas raises a no less topical question, this time more sociologically informed. According to him, the concept of communicative reason must, on the one hand, be developed philosophically; on the other hand, however, the realization of this form of rationality is a question that requires the social sciences and law. In A New Structural Transformation of the Public Sphere, he returns to this topic sixty years after the publication of his habilitation thesis on The Structural Transformation of the Public Sphere. The book, which was recently the subject of a conference with him, shows the possibilities, but especially the threats to the public use of reason and an informed political public sphere under the new media environment of our time. He is particularly concerned about the influence of the new social media and its tendency to fragment the public sphere and split it into “semi-publics” that produce their own truths. Whether an ideal of “deliberative democracy” can be maintained under these conditions is a question that worries Habermas, as well as many others. For, democratic self-government or political autonomy presupposes a shared space of political justification, which must constantly be recreated but also maintained where it exists.
It is this notion of autonomy that Habermas impressively recalled in his eminent lecture five years ago, saying: “Only that kind of freedom about which we know that nobody is truly free until everyone is satisfies the concept of autonomy.”
Not only students like the author of these lines owe Jürgen Habermas a huge debt of gratitude for placing this idea at the center of his philosophical and social-theoretical work. In its breadth and depth, it is unique in an academic landscape that is becoming increasingly specialized and limited.
We congratulate him once again from the bottom of our hearts and hope for many more opportunities to think together.

Viertes ConTrust Praxisforum stellt internationale Vergleichsstudie zu Kontrolle der Polizei aus fünf Ländern vor

  • Beitrag veröffentlicht:5. Juni 2024

Welche Befugnisse und welche Ziele haben unabhängige Polizeibeschwerdestellen – auch im Vergleich zu anderen Einrichtungen der polizeilichen Kontrolle? Wie gut sind die Beschwerdestellen in der Öffentlichkeit bekannt? Und wie funktionieren sie eigentlich im internationalen Vergleich? Diesen Fragen geht die internationale Tagung „Police Accountability – Practices and Dilemmas of Independent Police Complaints Bodies and Police Control“ nach. Sie findet vom 19. Juni – 20. Juni 2024 als viertes ConTrust Praxisforum im Gebäude der „Normativen Ordnungen“ auf dem Campus Westend statt.
Referent:innen der Tagung sind unter anderen Prof. Dr. Tobias Singelnstein, Kriminologe und Strafrechtler an der Goethe-Universität, Prof. Dr. Hartmut Aden, Rechts- und Politikwissenschaftler an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, der Kriminologe Prof. Dr. Marc Alain von der Université du Québec à Trois-Rivières, Dr. Genevieve Lennon, Juristin der University of Strathclyde und Dr. Anja Johansen, Historikerin der University of Dundee, sowie der Polizeibeauftragte des Bundes Uli Grötsch und Marie Anderson, Police Ombudsman for Northern Ireland.

Weitere Informtationen und Programm: Hier…

Gil Eyal spricht in der ConTrust Speaker Series über Irrtümer der Vertrauensforschung

  • Beitrag veröffentlicht:4. Juni 2024

Mit Beginn des 21. Jahrhunderts haben sich die Diagnosen eines allgemeinen Vertrauensverlusts in Wissenschaft, Experten und öffentliche Einrichtungen genauso explosionsartig vermehrt wie das wissenschaftliche Feld der Vertrauensforschung. Dahinter steht die Annahme, dass wir wissen, was Vertrauen ist und wie man es untersuchen und messen kann.

In seinem Vortrag „Trusting as a skillful act: a critical reconstruction of the sociological theory of trust“ wird Gil Eyal (Professor für Soziologie an der Columbia University) argumentieren, dass diese Annahme falsch ist. Durch eine kritische Rekonstruktion der soziologischen Theorien zu Vertrauen wird er aufzeigen, dass Vertrauen nur als praktische Handlung existiert, die in hohem Maße kontextabhängig ist und von zeitlichen Variablen bestimmt wird. Dies wird er anhand von Beispielen aus Interviews mit Long-Covid-Patienten illustrieren.

Der öffentliche Vortrag findet im Rahmen der „ConTrust Speaker Series“ am 17. Juni 2024 um 18 Uhr c.t. im Gebäude „Normative Ordnungen“ auf dem Campus Westend der Goethe-Universität statt. Eine Teilnahme über Zoom ist ebenfalls möglich. Um vorherige Anmeldung unter „office@normativeorders.net“ wird gebeten.

Weitere Informationen zum Vortrag: Hier…

„Am Vorabend des Verfassungsjubiläums“. Verfassungsrechtlerin Gabriele Britz spricht zum 75. Geburtstag des Grundgesetzes

  • Beitrag veröffentlicht:16. Mai 2024

Am 23. Mai 2024 feiert das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland seinen 75. Geburtstag – und die Goethe-Universität feiert mit. Am Vorabend dieses wichtigen Jubiläums laden das Forschungszentrum „Normative Ordnungen“, der Fachbereich Rechtswissenschaft der Goethe-Universität und die Frankfurter Juristische Gesellschaft am Mittwoch, 22. Mai, um 18:30 Uhr in den Festsaal im Casino (Campus Westend) zu einem Vortrag von Prof. Gabriele Britz, Richterin des Bundesverfassungsgerichts a.D., die seit diesem Semester die Professur für öffentliches Recht an der Goethe-Universität innehat, ein. 

Frau Britz spricht über das Grundgesetz als „Verfassung der Freiheit und Ausgleichsordnung“. Der Vortrag geht der Frage nach, wie die freiheitliche Verfassung auch in einer uneinigen Gesellschaft bestehen kann und deren Voraussetzungen mit den Freiheitsrechten selbst verteidigt werden könnten. Grußworte halten Universitätspräsident Prof. Enrico Schleiff, Prof. Rainer Forst, Direktor des Forschungszentrums „Normative Ordnungen“ und Prof. Matthias Jahn, Vorsitzender des Vorstandes der Frankfurter Juristischen Gesellschaft.

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Vortrag und Fachtag zum Thema polizeiliche Gewaltanwendung

  • Beitrag veröffentlicht:8. Mai 2024

Ein Jahr nach Erscheinen des Buchs „Gewalt im Amt. Übermäßige polizeiliche Gewaltanwendung und ihre Aufarbeitung“ laden das Forschungsprojekt „Körperverletzung im Amt durch Polizeibeamt*innen“ (KviAPol) und die Forschungsinitiative „ConTrust – Vertrauen im Konflikt“ am Forschungszentrum „Normative Ordnungen“ zu einem Fachtag über „Perspektiven auf übermäßige polizeiliche Gewalt und ihre Aufarbeitung“.
Den Auftakt am Vorabend macht am Dienstag, 28. Mai, um 18:30 Uhr im Casino, Festsaal R823 ein öffentlicher Vortrag von Studienleiter Prof. Tobias Singelnstein (ConTrust) und den wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen Laila Abdul-Rahman, Hannah Espín Grau und Luise Klaus, die die Studienergebnisse vorstellen werden.
Der eigentliche Fachtag am Mittwoch, 29. Mai, von 10 bis 17:30 Uhr, richtet sich an ein interessiertes Fachpublikum. In drei Panelsitzungen wird über Probleme und Lösungsansätze diskutiert. Er findet zugleich als drittes Praxisforum der Forschunginitiative „ConTrust“ statt.

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„The Noumenal Republic“ von Rainer Forst im Open Access erschienen

  • Beitrag veröffentlicht:8. Mai 2024

In Kants Vorstellung einer „noumenalen Republik“ ist jeder Mensch dem allgemeinen Gesetz unterworfen, das er zugleich als Gesetzgeber mitverfasst. Diese philosophische Idee spiegelt sich heute in dem Grundsatz wider, dass alle Menschen mit gleicher Würde und gleichen Rechten geboren werden. Dieser Grundsatz erscheint jedoch normativ ebenso unumstößlich, wie er täglich aufs Neue empirisch widerlegt wird. Eine kritische Analyse von Gesellschaft und Politik muss aufzeigen, inwieweit die Realität von Macht und Ideologie diese konstruktivistische Auffassung von Würde ad absurdum führt. Es bedarf einer kritischen Theorie nach Kant, um die Kluft zwischen weltfernem Idealismus und der Diagnose praktischer Ausweglosigkeit zu überbrücken.

Prof. Dr. Rainer Forst (Professor für Politische Theorie und Philosophie sowie Direktor des Forschungszentrums „Normative Ordnungen“ der Goethe-Universität Frankfurt) entwirft in seinem Buch „The Noumenal Republic“ eine solche Theorie. Das Buch ist kürzlich im Polity Verlag in englischer Übersetzung erschienen und nun auch im Open Access verfügbar.

Zum Buch im Open Access: Hier…